Thüringische Landeszeitung (Gera)
Wakefield und die Angst vor dem Impfen
Nachwirkungen seiner Studien halten an
Walther Bollmann aus Jena schreibt unter anderem:
Was die Ablehnung der Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) betrifft, so ist dies ein Beispiel für den sogenannten Wakefield-Effekt. Der Begriff geht zurück auf einen von Andrew Jeremy Wakefield 1998 in der angesehenen medizinischen Zeitschrift „Lancet” veröffentlichten Artikel. Er und seine Koautoren behaupteten, dass Kinder als Folge kombinierter Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) Autismus und Enterokolitis entwickelten. Wakefield und Kollegen untersuchten die Auswirkung der Impfung auf zwölf vorher gesunde Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren, von denen nach der Impfung neun Kinder einen Autismus und drei Kinder Verhaltensauffälligkeiten entwickelten.
Dadurch, dass auf den Artikel mehrfach unkritisch Bezug genommen worden ist, bekamen die Impfgegner natürlich mächtig Aufwind – mit negativen Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung. Die Durchimpfungsrate fiel in Großbritannien um 80 Prozent ab. Das Ergebnis war, dass im Jahr 2008 in Großbritannien die Masern wieder endemisch auftraten.
Die Mär einer Verursachung von Autismus durch einen Masern-Mumps-Röteln-Impfstoff erreichte auch Deutschland. Der „Erfolg”: Beim einem Mumpsausbruch in Essen 2010 stellte sich heraus, dass von 71 infizierten Kindern 68 nicht geimpft waren.
Wie kam es nun zu Wakefields medizinischen Resultaten? Anwälte von Eltern autistischer Kinder „impften” ihn erfolgreich mit 55.000 Pfund für seine „Forschungen”. Die 2006 bekannte durch die Anwaltskanzlei an Wakefield überwiesene Summe betrug schließlich 435.643 Pfund. Das war nicht uneigennützig: Die Hersteller des MMRImpfstoffs sollten wegen des angeblich durch den Impfstoff bedingten Autismus verklagt und zu hohem Schadensersatz verurteilt werden. Die Zahlungen an Wakefield waren weder dessen Mitautoren noch der Zeitschrift „Lancet“bekannt gewesen. Nach deren Bekanntwerden traten zehn der 13 Autoren des Wakefield-Artikels von diesem zurück. 2010 wurde der Artikel von „Lancet“gänzlich zurückgezogen. Im Mai 2010 erhielt Wakefield ein Berufsverbot in Großbritannien.
Wo erfährt Wakefield heute noch Anerkennung und Aufmerksamkeit? Natürlich im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten” mit seinem Präsidenten Donald Trump. Der traf Wakefield 2016 und griff seine unwissenschaftlichen und verlogenen Thesen auf. Leider erhielt Trump in den USA im Gegensatz zu Wakefield in Großbritannien kein Berufsverbot wegen Gefährdung der Bevölkerung und Unehrenhaftigkeit.