Thüringische Landeszeitung (Gera)
EU-Chef: Ostdeutschland braucht höhere Löhne
Kommissionspräsident Juncker fordert bei Rede im Landtag auch Mindestlöhne in Europa
Erfurt. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat bei einer Rede im Thüringer Landtag ungleiche Löhne in Europa kritisiert und eine Angleichung der Lebensverhältnisse gefordert. „Wir kommen in Europa nicht weiter, wenn wir uns dem Thema soziales Europa nicht annähern“, sagte Juncker. Die 2017 in Göteborg auf den Weg gebrachten Grundsätze für ein gerechtetes und sozialeres Europa müssten nun von den Nationalstaaten und den Regionen umgesetzt werden. „Für die gleiche Arbeit am gleichen Ort muss man den gleichen Lohn beziehen. Die bestehenden Diskrepanzen und die Tatsache, dass Menschen vier bis fünf Arbeitsstellen benötigten, um überhaupt am Ende des Monats zurecht zu kommen – das ist nicht das soziale Europa, von dem ich träume. Europa ist nicht der Platz, wo Menschen, die arbeiten, fast genauso arm sind, als wenn sie nicht arbeiten würden“, sagte der höchste EUBeamte. Deshalb sei er auch dafür, dass es überall in Europa einen Mindestlohn geben sollte. Der könne zwar nicht überall dieselbe Höhe haben. Jeder sollte aber Anspruch auf eine Vergütung haben, die Ausdruck des Willens ist, jede Arbeit einer gerechten Entlohnung zuzuführen. „Die Würde der Arbeit ist ein Wert, den wir langsam aus den Augen verloren haben. Das führt dazu, dass sich viele arbeitende Menschen von Europa abwenden. Wir haben es in der Hand, diese Menschen zurückzugewinnen“, sagte Juncker. In diesem Zusammenhang sprach sich der EU-Repräsentant auch für eine Angleichung der Löhne in Deutschland aus. „Das Lohngefälle zwischen West- und Ostdeutschland ist zu hoch. Das kann man nicht so laufen lassen. Eine Angleichung gehört zum sozialen Europa. Ostdeutschland braucht höhere Löhne“, so Juncker.