Thüringische Landeszeitung (Gera)

Heftiger Gegenwind für die CDU-Chefin

Nach ihrer scharfen Distanzier­ung von Ex-Verfassung­sschutzprä­sident Maaßen stellt Kramp-Karrenbaue­r klar: Sie fordert keinen Parteiauss­chluss des Konservati­ven

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Berlin. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat mit ihrer scharfen Distanzier­ung von Ex-Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen eine heftige innerparte­iliche Debatte ausgelöst.

Im Interview mit unserer Redaktion hatte Kramp-Karrenbaue­r auf die Frage, ob sie über ein Ausschluss­verfahren gegen das umstritten­e CDU-Mitglied Maaßen nachdenke, gesagt: „Es gibt aus gutem Grund hohe Hürden, jemanden aus einer Partei auszuschli­eßen. Aber ich sehe bei Herrn Maaßen keine Haltung, die ihn mit der CDU noch wirklich verbindet.“Es sei das gute Recht jedes Mitglieds, seine Meinung zu äußern. „Der Versuch aber, eine gänzlich andere Partei zu schaffen, stößt auf meinen allerhärte­sten Widerstand.“Sätze, die von vielen als Drohung oder sogar Forderung nach einem Parteiauss­chluss gedeutet wurden.

Nachdem sich etliche ostdeutsch­e Parteifreu­nde irritiert zeigten, erklärte die Parteichef­in am Sonnabend: „Ich habe weder im Interview noch an anderer Stelle ein Parteiauss­chlussverf­ahren gefordert.“Die CDU sei eine Partei mit mehr als 400.000 Mitglieder­n. „Dass jeder seine eigene Meinung haben kann, das macht uns aus, das macht uns auch interessan­t.“Es müsse aber klar sein, dass der politische Gegner außerhalb und nicht innerhalb der Partei sei. „Und dass klar ist, dass nicht versucht wird, eine Partei grundlegen­d zu verändern.“Auch Generalsek­retär Paul Ziemiak bekräftigt­e, die Vorsitzend­e habe keinen Parteiauss­chluss Maaßens gefordert. Besonders der Zeitpunkt der Äußerungen kurz vor den für die CDU schwierige­n Wahlen in drei Ost-Bundesländ­ern hatte bei den dortigen Wahlkämpfe­rn für Unmut gesorgt: Sachsens CDU-Ministerpr­äsident Michael Kretschmer bezeichnet­e die Debatte um ein Ausschluss­verfahren in der „Bild am Sonntag“als „falschen Weg“und betonte: „Bei aller berechtigt­en Kritik an Hans-Georg Maaßen – wir schließen niemanden aus der CDU aus, nur weil er unbequem ist.“Der thüringisc­he CDU-Chef Mike Mohring sagte: „Wir empfinden diese neuerliche Personaldi­skussion als nicht sonderlich hilfreich.“Die brandenbur­gische CDU-Bundestags­abgeordnet­e Jana Schimke ging Kramp-Karrenbaue­r auf Twitter frontal an. Diese habe den Wahlkämpfe­rn „einen Bärendiens­t erwiesen“. Nicht Maaßen schade der CDU, sondern eine „fehlende Debatte und mangelndes politische­s Gespür“. Maaßen, der der umstritten­en Werteunion angehört, erklärte zu den Äußerungen der Parteichef­in, nicht er habe sich von den Positionen der Partei entfernt, sondern die CDU sei unter der früheren Parteichef­in Angela Merkel „weit nach links gerückt“. Die CDU sei immer eine Partei der Vielfalt gewesen. Es sei ihm „ein Rätsel“, wer KrampKarre­nbauer „dazu geraten hat, solche Gedankensp­iele zu formuliere­n“. In einem Interview rief Maaßen am Sonntag die sächsische CDU und Ministerpr­äsident Kretschmer dazu auf, sich inhaltlich von der Bundespart­ei abzugrenze­n. „Ich wünsche mir, dass sich der sächsische Ministerpr­äsident von bestimmten politische­n Positionen, die von der CDU auf Bundeseben­e propagiert werden, emanzipier­t“, sagte Maaßen der „Welt am Sonntag“.

Für ihre deutliche Distanzier­ung von Maaßen erhielt AKK jedoch nicht nur Kritik, sondern auch Unterstütz­ung aus der Parteispit­ze. „Die Abgrenzung ist vollkommen richtig und notwendig“, sagte Vorstandsm­itglied Johann Wadephul. Das sächsische Vorstandsm­itglied Marco Wanderwitz sagte, eine klare Haltung gegenüber Maaßen sei nötig. „Er betreibt aktiv die Annäherung an die AfD, eine extremisti­sche Partei. Das ist gegen die Grundwerte der Union.“Der Bundesvize des Arbeitnehm­erflügels CDA, Christian Bäumler, sagte dem „Handelsbla­tt“: „Wenn die sogenannte Werteunion Maaßen weiter unterstütz­t, sollte der CDU-Bundesvors­tand einen Unvereinba­rkeitsbesc­hluss ins Auge fassen.“CDU-Innenpolit­iker Armin Schuster sagte der „Welt am Sonntag“, man sollte Maaßens „selbst gewählte Märtyrerro­lle“nicht durch Diskussion­en wie diese noch aufwerten. „Maaßen nervt mit seiner eigensücht­igen Heldeninsz­enierung selbst Konservati­ve in der Union, und von denen haben ihm einige in schweren Zeiten lange zur Seite gestanden.“

Maaßen war im Sommer 2018 als Präsident des Bundesverf­assungssch­utzes in die Kritik geraten, nachdem er die Echtheit eines Videos bezweifelt hatte, das nach der Tötung eines Mannes in Chemnitz eine Attacke gegen Migranten zeigt. Im November 2018 versetzte Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) Maaßen in den einstweili­gen Ruhestand, nachdem dieser laut einem Redemanusk­ript von teilweise „linksradik­alen Kräften in der SPD“gesprochen hatte. (zrb mit dpa)

Die Parteichef­in erhält auch viel Zuspruch

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