Thüringische Landeszeitung (Gera)
Nur das Baby hat überlebt
Ein Mann tötet in Iserlohn zwei Menschen mit einem Küchenmesser. Ein zwei Monate altes Mädchen hat Glück
Iserlohn. Es ist ein Drama mit zwei Toten im Sauerland, bei dem nur ein Baby überlebte. Vermutlich, weil es zum Tatzeitpunkt im Auto lag: Mit einem Küchenmesser hat ein 43-Jähriger seine Ehefrau und ihren neuen Lebenspartner am Bahnhof in Iserlohn erstochen.
Der mutmaßliche Täter wurde am Sonntag wegen zweifachen Totschlags in Untersuchungshaft genommen. Er soll seine getrennt von ihm lebende 32 Jahre alte Frau und ihren 23jährigen Lebensgefährten am Sonnabend mit vielen Messerstichen getötet haben. Hintergrund sei ein Beziehungsstreit, die genaue Motivlage sei aber noch unklar, berichtete die Polizei im Märkischen Kreis. Viele Details blieben offen. Staatsanwaltschaft und Mordkommission in Hagen ermitteln. Der 43Jährige und das weibliche Opfer stammen aus dem Kosovo, das männliche Opfer aus Afghanistan. Rund um den Bahnhof herrschte zur Tatzeit hoher Publikumsverkehr. Zahlreiche Fahrgäste und Passanten wurden Augenzeugen und mussten seelsorgerisch betreut werden. Während der mutmaßliche Täter seine Opfer attackierte, wartete im Auto der Frau ihr Baby. Es blieb unverletzt, Zeugen brachten es in ein Krankenhaus. Das Mädchen verliert im Alter von nur zwei Monaten seine Mutter – und höchstwahrscheinlich auch seinen Vater. Nach bisherigem Kenntnisstand ist das Baby die Tochter des 23Jährigen.
Sie befand sich am Tag nach dem tödlichen Angriff in Obhut des Jugendamtes. Laut „Express“ist der in Bergisch Gladbach bei Köln lebende Tatverdächtige wegen häuslicher Gewalt polizeibekannt. Seine Frau habe in Iserlohn im Frauenhaus Zuflucht gesucht. Mit ihrem neuen Partner habe sie sich zu einem Treffen überreden lassen. Ein Polizeisprecher wollte dies „weder dementieren noch bestätigen“.
Trauriger Fakt ist: Am Sonnabend liegen im Parkhaus des Bahnhofs und an einem Bahngleis zwei Leichname. Der mutmaßliche Täter lässt sich widerstandlos festnehmen. Obduktionen ergeben, dass „zahlreiche Verletzungen durch scharfe Gewalteinwirkung“zum Tode führten. Die Tatwaffe: „ein handelsübliches Küchenmesser mit zwölf Zentimeter Klingenlänge.“ Die brutale Tat ruft Entsetzten weit über die 93.000-Einwohner-Stadt hinaus hervor. Viele Menschen haben den dramatischen Vorfall ungewollt mitbekommen. Zum Tatzeitpunkt war es laut Polizei voll am Bahnhof. Auch eine Hochzeitsgesellschaft mit rund 20 Menschen war darunter, die Zeuge des Vorfalls wurden. Eine Reporterin berichtete von schrecklichen Bildern. Bis die Sichtschutzwände vollständig aufgebaut waren, habe es bei dem Großeinsatz einige Zeit gedauert. Seelsorger hätten sich um geschockte Menschen gekümmert. „Überall gab es aufgeregte, besorgte Gespräche, was da Grässliches passiert ist“, schilderte die Journalistin. „Ich wollte gerade zum Parkhaus gehen, da hörte ich Schreie: Ruft die Polizei“, sagt Olaf Hennecke, sichtlich unter Schock. Denn er hat kurz vorher die grausige Bluttat am Bahnsteig 2 gesehen. Der 48-jährige Inhaber des Lotto-Toto-Ladens am Bahnhof berichtet weiter: „Als ich in Höhe der Toilettenanlage war, sah ich, wie ein Mann im Alter zwischen 40 und 50 auf einen am Boden liegenden Mann einstach. Er kniete dabei auf ihm.“
Es habe große Betroffenheit und Empörung geherrscht, berichtete ein anderer Augenzeuge. Die Polizei habe den verstörten, verängstigten Menschen schnell Hilfe angeboten. Auf Twitter informierte die Polizei: „Wenn Ihr selbst betroffen wart: Wir kümmern uns mit der Feuerwehr.“
Der Bahnhof wurde für dreieinhalb Stunden abgesperrt. Das galt auch für einen Bahnsteig, weil sich dort in unmittelbarer Nähe der tödliche Angriff auf den 23-Jährigen abgespielt hatte. Auf einem zweiten Bahnsteig rollte der Verkehr weiter. (mit dpa)
Hochzeitsgesellschaft musste Tat mit ansehen