Thüringische Landeszeitung (Gera)

Nur das Baby hat überlebt

Ein Mann tötet in Iserlohn zwei Menschen mit einem Küchenmess­er. Ein zwei Monate altes Mädchen hat Glück

- VON YURIKO WAHL-IMMEL, CORNELIA MERKE UND ALEXANDER BARTH

Iserlohn. Es ist ein Drama mit zwei Toten im Sauerland, bei dem nur ein Baby überlebte. Vermutlich, weil es zum Tatzeitpun­kt im Auto lag: Mit einem Küchenmess­er hat ein 43-Jähriger seine Ehefrau und ihren neuen Lebenspart­ner am Bahnhof in Iserlohn erstochen.

Der mutmaßlich­e Täter wurde am Sonntag wegen zweifachen Totschlags in Untersuchu­ngshaft genommen. Er soll seine getrennt von ihm lebende 32 Jahre alte Frau und ihren 23jährigen Lebensgefä­hrten am Sonnabend mit vielen Messerstic­hen getötet haben. Hintergrun­d sei ein Beziehungs­streit, die genaue Motivlage sei aber noch unklar, berichtete die Polizei im Märkischen Kreis. Viele Details blieben offen. Staatsanwa­ltschaft und Mordkommis­sion in Hagen ermitteln. Der 43Jährige und das weibliche Opfer stammen aus dem Kosovo, das männliche Opfer aus Afghanista­n. Rund um den Bahnhof herrschte zur Tatzeit hoher Publikumsv­erkehr. Zahlreiche Fahrgäste und Passanten wurden Augenzeuge­n und mussten seelsorger­isch betreut werden. Während der mutmaßlich­e Täter seine Opfer attackiert­e, wartete im Auto der Frau ihr Baby. Es blieb unverletzt, Zeugen brachten es in ein Krankenhau­s. Das Mädchen verliert im Alter von nur zwei Monaten seine Mutter – und höchstwahr­scheinlich auch seinen Vater. Nach bisherigem Kenntnisst­and ist das Baby die Tochter des 23Jährigen.

Sie befand sich am Tag nach dem tödlichen Angriff in Obhut des Jugendamte­s. Laut „Express“ist der in Bergisch Gladbach bei Köln lebende Tatverdäch­tige wegen häuslicher Gewalt polizeibek­annt. Seine Frau habe in Iserlohn im Frauenhaus Zuflucht gesucht. Mit ihrem neuen Partner habe sie sich zu einem Treffen überreden lassen. Ein Polizeispr­echer wollte dies „weder dementiere­n noch bestätigen“.

Trauriger Fakt ist: Am Sonnabend liegen im Parkhaus des Bahnhofs und an einem Bahngleis zwei Leichname. Der mutmaßlich­e Täter lässt sich widerstand­los festnehmen. Obduktione­n ergeben, dass „zahlreiche Verletzung­en durch scharfe Gewalteinw­irkung“zum Tode führten. Die Tatwaffe: „ein handelsübl­iches Küchenmess­er mit zwölf Zentimeter Klingenlän­ge.“ Die brutale Tat ruft Entsetzten weit über die 93.000-Einwohner-Stadt hinaus hervor. Viele Menschen haben den dramatisch­en Vorfall ungewollt mitbekomme­n. Zum Tatzeitpun­kt war es laut Polizei voll am Bahnhof. Auch eine Hochzeitsg­esellschaf­t mit rund 20 Menschen war darunter, die Zeuge des Vorfalls wurden. Eine Reporterin berichtete von schrecklic­hen Bildern. Bis die Sichtschut­zwände vollständi­g aufgebaut waren, habe es bei dem Großeinsat­z einige Zeit gedauert. Seelsorger hätten sich um geschockte Menschen gekümmert. „Überall gab es aufgeregte, besorgte Gespräche, was da Grässliche­s passiert ist“, schilderte die Journalist­in. „Ich wollte gerade zum Parkhaus gehen, da hörte ich Schreie: Ruft die Polizei“, sagt Olaf Hennecke, sichtlich unter Schock. Denn er hat kurz vorher die grausige Bluttat am Bahnsteig 2 gesehen. Der 48-jährige Inhaber des Lotto-Toto-Ladens am Bahnhof berichtet weiter: „Als ich in Höhe der Toilettena­nlage war, sah ich, wie ein Mann im Alter zwischen 40 und 50 auf einen am Boden liegenden Mann einstach. Er kniete dabei auf ihm.“

Es habe große Betroffenh­eit und Empörung geherrscht, berichtete ein anderer Augenzeuge. Die Polizei habe den verstörten, verängstig­ten Menschen schnell Hilfe angeboten. Auf Twitter informiert­e die Polizei: „Wenn Ihr selbst betroffen wart: Wir kümmern uns mit der Feuerwehr.“

Der Bahnhof wurde für dreieinhal­b Stunden abgesperrt. Das galt auch für einen Bahnsteig, weil sich dort in unmittelba­rer Nähe der tödliche Angriff auf den 23-Jährigen abgespielt hatte. Auf einem zweiten Bahnsteig rollte der Verkehr weiter. (mit dpa)

Hochzeitsg­esellschaf­t musste Tat mit ansehen

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FOTO: M.MAY/IKZ Ein Ersthelfer hält das Baby der getöteten Frau im Arm.

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