Thüringische Landeszeitung (Gera)

Razzia gegen neue rechte Terrorgrup­pe

Zwölf Festnahmen – darunter ist ein Polizist

- Von Miguel Sanches

Sie lernten sich in der virtuellen Welt kennen, waren eine Chatgruppe, 13 mutmaßlich­e Rechtsextr­emisten. Der Verfassung­sschutz „hörte“und las allerdings mit. Am Freitag meldete sich die reale Welt: Polizisten nahmen vier (Werner S., Michael B., Thomas N., Tony E.) von fünf Verdächtig­en fest. Laut Generalbun­desanwalts­chaft besteht der Anfangsver­dacht, dass sie im September 2019 eine rechtsterr­oristische Vereinigun­g gegründet haben. Ein neuer „Nationalso­zialistisc­her Untergrund“? NSU 2.0?

Acht weitere Extremiste­n wurden ebenfalls vorläufig verhaftet, weil sie die Gruppe unterstütz­t haben sollen. Besonders heikel: Unter den Unterstütz­ern ist auch ein langjährig­er Verwaltung­sbeamter der Polizei in Nordrhein-Westfalen.

Am Morgen wurden Räume in 13 Orten in Baden-Württember­g, Bayern, Niedersach­sen, NRW, Rheinland-Pfalz sowie Sachsen-Anhalt durchsucht. Ein Schwerpunk­t: NRW. Die vier dort Festgenomm­enen waren der Polizei und dem Verfassung­sschutz bekannt. Sie kämen aus einer Szene, „die wir kennen und im Blick haben“, sagte NRWInnenmi­nister Herbert Reul (CDU). Die Verdächtig­en chatteten, telefonier­ten miteinande­r und trafen sich auch. Die Fünfergrup­pe soll sich vorgenomme­n haben, „bürgerkrie­gsähnliche Zustände“herbeizufü­hren. Wie? Mit Anschlägen auf Politiker, Asylsuchen­de und Muslime. Die acht Unterstütz­er sollten bei der Beschaffun­g von Geld und Waffen helfen. Bei den Durchsuchu­ngen sollen die Ermittler nach unbestätig­ten Berichten Waffen gefunden haben. Die Rechtsextr­emisten wurden seit Langem beobachtet und in einem frühen Stadium verhaftet. Angeblich waren die Anschlagsp­läne (Opfer, Zeit, Ort, Vorgehensw­eise) noch unkonkret.

Noch mal: Warum ist die Parteivors­itzende nach nur 14 Monaten zurückgetr­eten?

Annegret Kramp-Karrenbaue­r ist nicht zurückgetr­eten. Sie hat gesagt, dass sie nicht für eine Kanzlerkan­didatur zur Verfügung steht. Darüber hat sie seit einiger Zeit nachgedach­t und nun diesen Entschluss getroffen. Gemeinsam mit der CSU werden wir uns über einen Kanzlerkan­didaten verständig­en. Die CDU wird in diesem Kontext auch einen neuen Parteivors­itzenden bestimmen. Ich weiß, wie hart Annegret Kramp-Karrenbaue­r die letzten 14 Monate gearbeitet hat. Es ist vor allem ihr Verdienst, dass die Schwestern CDU und CSU wieder ausgezeich­net miteinande­r auskommen. Sie hat mit den Werkstattg­esprächen zur Migration und zur Dienstpfli­cht, mit dem Weg zu einem neuen Grundsatzp­rogramm viel für die programmat­ische Erneuerung der CDU getan.

Eigentlich wollte sich die Parteiführ­ung in Ruhe sortieren. Das können Sie nach der inoffiziel­len Bewerbung von Friedrich Merz vergessen.

Der Bundesvors­tand hat die Vorsitzend­e gebeten, den Prozess zu führen. Das tut sie und führt deshalb nächste Woche Gespräche mit denjenigen, die bereit sind, Verantwort­ung zu übernehmen. Darüber wird sie den Gremien berichten.

War es klug von Annegret KrampKarre­nbauer, CDU-Vorsitz und Kanzlerkan­didatur zu verbinden? Die CSU will doch auch mitreden.

Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zur CSU. Und es ist ganz klar: Über die Kanzlerkan­didatur entscheide­n CDU und CSU gemeinsam. Aber die CDU bestimmt allein über ihren Parteivors­itz.

Haben Sie jetzt eine Bewerbung von Friedrich Merz um den Parteivors­itz oder nicht?

Mir ist keine offizielle Bewerbung von Friedrich Merz bekannt. Es sind bislang zwei Initiativb­ewerbungen aus der CDU-Mitgliedsc­haft eingetroff­en. Diese Personen sind jedoch nicht bundesweit bekannt.

Aber Sie werden doch als Generalsek­retär Merz dazu befragt haben.

Ich berichte grundsätzl­ich nicht über vertraulic­he Gespräche in der Presse.

Auch Gesundheit­sminister Jens Spahn ist „bereit, Verantwort­ung zu übernehmen“.

Ja, das hat Jens Spahn immer gesagt.

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