Thüringische Landeszeitung (Gera)
Nach Messerangriff: 15-Jähriger muss in U-Haft
Bei Polizeieinsatz am Donnerstag lieferte der Hauptverdächtige offenbar selbst die Argumente für eine Fluchtgefahr
„Es gibt doch Gerechtigkeit.“Es ist der Stoßseufzer eines Vaters, dessen Sohn bei einem Messerangriff erheblich im Gesicht verletzt wurde. Wenn auch juristisch zunächst begründet, war nicht nur ihm schwer vermittelbar, warum der vorläufig festgenommene Hauptverdächtige des Übergriffs in der Nacht zum Sonntag in der Leipziger Straße nicht in Untersuchungshaft musste. Nun muss er es doch, wie am Freitagnachmittag ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Gera auf unsere Nachfrage erklärte.
Der Haftbefehl gegen den 15-Jährigen werde vollzogen, hieß es. Beantragt worden war die Untersuchungshaft,
weil nunmehr von einer Fluchtgefahr ausgegangen werden musste. Der Jugendliche habe versucht, sich am Donnerstag einer polizeilichen Maßnahme zu entziehen, bestätigte die Staatsanwaltschaft einen Bericht von Focus Online. Laut Staatsanwaltschaft stand diese „polizeiliche Maßnahme“im Zusammenhang mit dem Angriff am Sonntag. So wurde der 15-Jährige erneut vorläufig festgenommen und am Freitag dem Haftrichter vorgeführt.
Er und die anderen 19- und 21jährigen Tatverdächtigen sollen laut Polizeibericht am Sonntag kurz nach Mitternacht stark alkoholisiert – die Polizei spricht von zwei Promille – auf die beiden späteren
Geschädigten (28 und 34) getroffen sein. Der 19-Jährige soll die Männer zunächst angerempelt und so einen Streit provoziert haben, in den sich der 15- und der 21-Jährige eingemischt hätten. Schließlich sollen laut Polizei der 15- und der 19-Jährige die beiden Opfer mit Schlägen und Tritten sowie mit einem Messer – mutmaßlich ein in Tatortnähe gefundenes Cuttermesser – erheblich verletzt haben. Eine Frau, die die Opfer begleitete, sei unverletzt geblieben, wie später eine Angehörige unserer Zeitung sagte. Sie erwähnte auch einen Anwohner, der eingeschritten sei und sich der Verletzten angenommen habe.
Nachdem das Trio, laut Polizei syrischer und afghanischer Herkunft, zunächst geflüchtet war, konnte es von der Polizei gefasst und vorläufig festgenommen werden. Zuletzt hieß es von der Staatsanwaltschaft, dass nur dem jüngsten der Beschuldigten der Einsatz eines Messers vorgeworfen werde. Zu möglichen neuen Erkenntnissen aus der Tatnacht wurde am Freitag nichts gesagt, nach wie vor werde aber wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Der Vater eines der Opfer hatte unserer Zeitung geschildert, dass für ihn die Wunden der beiden Verletzten nur den Schluss zuließen, dass gezielt in Richtung Kopf und Hals zugestochen worden sei.
Wie der Vater nun auf unsere Nachfrage erklärte, könne sein Sohn wohl am Wochenende das
Krankenhaus verlassen. „Die Ärzte haben einen tollen Job gemacht“, sagt er. Er sei noch immer entsetzt, nach den jetzigen Entwicklungen könne er aber zumindest wieder nach vorn blicken, sagt er. Und er dankte auch Polizei und Staatsanwaltschaft, die ihm mit viel Empathie begegnet seien. Auch wenn er, aus Sorge vor weiteren Vorfällen, die zwischenzeitliche Freilassung nicht nachvollziehen konnte. Die hatte die Staatsanwaltschaft mit den hohen Voraussetzungen begründet, die das Jugendgerichtsgesetz für eine Untersuchungshaft von unter 16-Jährigen vorsieht. Nach dem Polizeieinsatz am Donnerstag scheinen die nun erfüllt gewesen zu sein.