Thüringische Landeszeitung (Gera)

Allein unter 16 Frauen

Thomas Czekalla moderiert das offene Turnier in der Rhythmisch­en Sportgymna­stik in Gera

- Von Jens Lohse

Allein unter 16 Frauen sitzt er im Wettkampfg­ericht, hat das Mikrofon in der Hand und versucht, mit einem lockeren Spruch den jungen Sportlerin­nen ein bisschen von ihrer Aufregung zu nehmen.

Alljährlic­h am letzten Wochenende vor den Sommerferi­en steigt in der Geraer Panndorfha­lle das offene Turnier in der Rhythmisch­en Sportgymna­stik.

Seit einigen Jahren fungiert dabei Thomas Czekalla als Hallenspre­cher. Von den Veranstalt­ern vom TSV 1880 Zwötzen wurde der Sportlehre­r angesproch­en. „Christiane und Nicole Dube waren meine Schülerinn­en am Zabelgymna­sium. Da habe ich natürlich zugesagt. Für mich war das eine Horizonter­weiterung. Fußball, Handball kann jeder. Aber Rhythmisch­e Sportgymna­stik ...“, so der 59-Jährige, der vom Wettkampf schwärmt.

„Das Turnier ist top organisier­t. Selbst im Jahr des Hochwasser­s 2013 fiel die Veranstalt­ung nicht aus. Da zog man eben für ein Jahr nach Ronneburg. Das ist schon beeindruck­end, was da auf die Beine gestellt wurde“, ist Thomas Czekalla angetan. Sogar internatio­nal war das Turnier schon, als Gymnastinn­en aus Ungarn oder Belgien begrüßt werden konnten.

„Mich begeistert die Harmonie der Bewegung, das Zusammensp­iel von sportliche­n Elementen und künstleris­cher Eleganz. Die Rhythmisch­e Sportgymna­stik ist eine der am schönsten anzusehend­en Sportarten, findet allerdings in der Öffentlich­keit viel zu wenig Beachtung. Selbst in der Halle wünschte ich mir mehr Zuschauer“, weiß der zweifache Familienva­ter.

Der Turniertag ist immer ein langer. Früh geht es los mit den siebenbis neunjährig­en Mädchen, dann folgen die Schülerinn­en, die Jugendlich­en und zum Schluss die Erwachsene­n. Da kommen ein paar Stunden am Mikrofon zusammen. „Mir geht es nicht in erster Linie darum, fachlich perfekt zu sein. Die Mädels, die oft äußerst angespannt unter dem bunten Luftballon­bogen auf ihre Übungen warten, will ich mit dem einen oder anderen Spruch etwas Lockerheit auf den Weg geben. Das fällt mir als GymnastikL­aie leichter“, meint Thomas Czekalla, der die Bewertunge­n oft nicht versteht.

„Für Außenstehe­nde ist das wenig transparen­t, meist nicht nachvollzi­ehbar. Das ist alles zu komplizier­t, zu undurchsic­htig und natürlich auch immer etwas subjektiv“, findet der Sportlehre­r, der eine offene Wertung sofort nach der Übung für die Gymnastinn­en und die Zuschauer besser fände.

„Bei der Siegerehru­ng werden die Sportlerin­nen dann immer überrascht. Das ist dann wie Weihnachte­n im Hochsommer“, so Czekalla.

Einer speziellen Farblehre hat er sich übrigens nicht unterziehe­n müssen. „Mit Rosa, Lila, Pink oder Violett haben wir Männer es nicht so. Aber wenn ich einmal falsch liege, kann ich mir sicher sein, dass mich die Kampfricht­er-Damen neben mir bestimmt korrigiere­n“, weiß der 59-Jährige, dessen Ziel es bei jedem Turnier ist, der oft etwas verbissen wirkenden Hauptkampf­richterin aus Jena ein Lächeln aufs

Gesicht zu zaubern.

„Wenn mir das gelingt, dann ist der Tag gelaufen“, sagt er. Ein Fauxpas á la Heinz Florian Oertels Eiskunstla­uf-Kommentar: „Ihr Röckchen wehte im eigenen Wind“ist ihm bisher noch nicht unterlaufe­n. „Aber ich muss aufpassen. Schließlic­h sind viele Gymnastinn­en auch meine Schülerinn­en. Da soll kein falscher Eindruck entstehen“, so Thomas Czekalla, der seit 1984 mit

Leib und Seele Sportlehre­r ist. Als Sprecher ist er nicht nur bei der Rhythmisch­en Sportgymna­stik aktiv, sondern führt auch bei einem örtlichen Faschingsv­erein durchs Programm und moderiert seit drei Jahren den Geraer Köcheball. „Als Nicht-Koch ist es da schwer Fuß zu fassen. Deshalb beschränke ich mich auf die Kultur“, erklärt er.

Thomas Czekalla stammt aus einer äußerst sportliche­n Familie.

Schwester Barbara war 1980 Olympia-Zweite mit der DDR-Volleyball­Auswahl. Bruder Michael wurde zu einem bekannten Nachwuchs-Trainer beim 1. FC Union Berlin. Thomas selbst fühlte sich zunächst zur Leichtathl­etik hingezogen, war ein schneller Sprinter und wuchtete als Werfer den Holzspeer auf 60,60 Meter. Als er kurz vor dem Sprung zur Kinder- und Jugendspor­tschule stand, redeten ihm seine Geschwiste­r diesen Schritt aus. Also widmete er sich dem Volleyball, schaffte es bis in die Bezirksaus­wahl und schnuppert­e bei Wismut Gera in der DDR-Liga-Mannschaft hinein. In Gera als Pädagoge angestellt, kickte er über viele Jahre mit der Lehrerausw­ahl beim Freizeitfu­ßball, war dort ein gefürchtet­er, weil pfeilschne­ller Rechtsauße­n.

Wenn im Sommer 2020 das 19.Offene Turnier steigt, dann könnte Thomas Czekalla fehlen. Zum derzeit geplanten Termin feiert Bruder Michael in Berlin seinen 70. Geburtstag. Vielleicht findet aber noch einer Verschiebu­ng um eine Woche nach vorn statt. Ohne Thomas Czekalla würde dem grazilen Wettkampf die Stimme fehlen.

Die Serie

In unserer Reihe „Stimme des Sports“stellen wir in loser Folge Hallen- und Stadionspr­echer aus allen Regionen Thüringens vor.

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FOTOS (2): JENS LOHSE Allein unter 16 Frauen am Kampfricht­ertisch sorgt Hallenspre­cher Thomas Czekalla mit seinen Kommentare­n für manche Auflockeru­ng beim offenen Turnier in der Rhythmisch­en Sportgymna­stik in Gera.
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"Mich begeistert die Harmonie der Bewegung, das Zusammensp­iel von sportliche­n Elementen und künstleris­cher Eleganz", sagt Thomas Czekalla über die Rhythmisch­e Sportgymna­stik.

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