Thüringische Landeszeitung (Gera)
Von wegen nur Cevapcici
Seit Jahren hing an der Wand über meinem Schreibtisch eine bunte Keramik, die Franz von Assisi zeigte. Ich war noch nie in Assisi. Aber nach und nach wurde diese Stadt zu einem Sehnsuchtsort, der mich anzog. Ich wollte dorthin gehen, unbedingt“, erklärt Eberhard Grüneberg, langjähriger Chef der Diakonie Mitteldeutschland, seine Motivation für die ungewöhnliche Reise. „Seit zehn Jahren hatte ich mit dem Gedanken gespielt, diese Reise zu machen.“2017 sollte es losgehen, nur wenige Tage nach seiner Verabschiedung in den Ruhestand. Raus aus dem hektischen Alltag, rein in das Alleinsein in der Natur. Keine Termine, keine Eile, keine Hast. Pilgern als Auszeit, als Weg in den Ruhestand, ein Begriff, der nach einem Arbeitsleben als Vorstandsvorsitzender der Diakonie Mitteldeutschland, dem größten Wohlfahrtsverband in den neuen Bundesländern, durchaus wörtlich zu nehmen ist, wenigstens ein bisschen. Und als Weg zu sich selbst, der Weg als Ziel.
Und er ging diesen Weg allein. Obwohl seine Frau anfangs nicht ganz so begeistert von der Idee war: „Ich war ja sozusagen acht Jahre auf Montage, die Woche über nicht zu Hause. Und dann gleich wieder ein Vierteljahr weg, das gefiel ihr nicht so“, verrät der Mann mit dem markanten Bart. Gern wäre sie auch mitgekommen, doch erstens steht sie noch im Beruf und zweitens müsse man eine solche Reise allein machen, wenn sie ihren Zweck der inneren Einkehr, der Suche und Aufarbeitung, erfüllen solle. „Wenn man mit sich allein unterwegs ist, seine eigenen Themen hat, ist das Ziel ein ganz anderes“, so Grüneberg. Deshalb fiel auch die Kommunikation mit den Zuhausegebliebenen spärlich aus: „Wenn man gedanklich wegkommen will, muss man auch loslassen können. Bei ständigem Kontakt ist man immer im Alltag drin, kommt nicht zu eigenen Gedanken.“
Die Reise sollte auch ein geistlicher Brückenschlag sein: Einer der ersten Berater der heiligen Elisabeth war ein Franziskaner. „Diese Ordensbrüder sind damals von Assisi nach Eisenach gewandert, um ihr Programm der Barmherzigkeit den Armen gegenüber zu verbreiten, ich wollte den Weg zurückgehen.“
Bei der Suche nach einem geeigneten Weg stieß Grüneberg auf die Via Romea, die von Stade nach Rom über Nordhausen und Meiningen durch Thüringen führt und dann die Pilger über Österreich nach Italien leitet. Doch wie ein Wink des Himmels machte das Knie ein Strich durch die Rechnung. „Heute glaube ich, ich war auch noch nicht richtig vorbereitet. Es sollte noch nicht sein“, gesteht Grüneberg. Der Start musste verschoben werden, Eberhard Grüneberg begann, regelmäßig zu trainieren. Ein Jahr später, am 14. Mai 2018, ging es endlich in Eisenach
Angekommen in Assisi. los. Nach den ersten 25 Kilometern betrat der Pilger am Spießberghaus bei Friedrichroda die Via Romea. Viel Ausrüstung und Gepäck hatte er nicht dabei – es galt ja, alles allein zu tragen. Wenig Kleidung, nur der nötigste Proviant für den Tag, insgesamt maximal elf Kilogramm. „Die langen Unterhosen für kalte Nächte in den Alpen habe ich nicht einmal gebraucht“, verrät Grüneberg -- das Wetter war ihm gnädig. Eine detaillierte Etappenplanung hatte er beim Start nicht. „Ich wusste nur, wie die Strecke verläuft, mehr eigentlich nicht.“Allerdings hält ein HandyProgramm Unterkünfte und Ansprechpartner bereit, die die Pilger unterwegs betreuen, ihnen günstige Quartiere und preiswerte Mahlzeiten organisieren. „Das half mir in Deutschland und Österreich weiter, wie es in Italien weitergeht, wusste ich lange Zeit nicht. Erst in Innsbruck, also kurz vor der italienischen Grenze, fiel mir ein entsprechender Reiseführer mit der Streckenplanung in die Hände. Ein bisschen Glück gehört also auch dazu.“
Begleitet wurde der Pilger aus Eisenach neben den eigenen Gedanken von traumhaften Ausblicken, wunderschönen Landschaften und meist netten, interessanten und neugierigen Menschen und vielen Gesprächen. Morgens wurde die abendliche Unterkunft organisiert, denn vor allem in Italien werden die Pilger von ehrenamtlichen Helfern betreut. „Je südlicher man kommt, umso stärker wird das Pilgern geschätzt“, hat Grüneberg erfahren. „In Deutschland und auch Österreich gilt Pilgern meist nur als besseres Wandern. In Italien wird man als Pilger richtig geschätzt.“Das machte die letzten Kilometer bis nach Assisi wesentlich leichter.
Die bequeme Rückfahrt im Zug fand in mehreren Etappen statt – mit Stationen etwa in Florenz, München und Nürnberg, „um nicht nach einem Vierteljahr Auszeit an einem Tag wieder im Alltag anzukommen. Das hätte ja alles zunichte gemacht.“Auch der Rückweg gehörte zum Ziel dieser Reise.
Die Küche in Kroatien ist deutlich vielfältiger als erwartet. Die Spezialität des Landes steckt in Teigrollen.