Thüringische Landeszeitung (Gera)
Prall gefüllte Archive durchforsten
Zahlreiche Besucher im Stadtarchiv Gera und im Stasi-Unterlagen-Archiv
Den Weg in Archive sucht man eigentlich nur mit einem ganz bestimmten Anliegen. Was die Mitarbeiter dort verwahren und forschen, bleibt oft ohne öffentliche Aufmerksamkeit. Für an diesen Einrichtungen interessiertes Publikum bot sich am Samstag die Chance, auch ohne Bewerbchen einen Einblick zu erhaschen. Zum bundesweit ausgerufenen Tag der Archive öffnete etwa das Stadtarchiv Gera seine Pforten.
Archivleiterin Christel Gäbler und ihr Team staunten nicht schlecht über den Besucherandrang zu ihren Kurzvorträgen und Rundgängen. Auf Interesse stießen ihre Ausführungen zu „Kommunikation zwischen Litfaßsäule, Film und Architektur“, die die Entwicklung öffentlicher Kommunikatoren in den Blick nahm.
Die aus heutiger Sicht veraltete Informationspolitik durch Anschlagtafeln und Litfaßsäulen brachte viele Besucher zum Schmunzeln, die sich noch an etliche Standorte solcher Säulen erinnern konnten. Dass auch die Architektur von Gebäuden den Menschen etwas zu sagen hat, damit beschäftigten sich Ingrid Faber und Ferdinand Kämpfer. Sein neues Buch „Die Industrialisierte Stadt“stieß auf großes Interesse. Der Masterstudent wusste detailreich und versiert zu den unterschiedlichen Baustilen von Arbeitermietskasernen, Bürgerhäusern und Villen zu berichten. „Es ist hochinteressant, was hier im Stadtarchiv alles aufgehoben wird und was man alles aus dieser Dokumentenfülle machen kann“, staunte René Löscher über die spannenden Themen, zu denen sich hier Material finden lässt. Auch Heidi Fleischer interessierte sich sehr für die alten Dokumente. „Vor einiger Zeit haben wir auch schon einmal im Stadtarchiv nach Bildern und Informationen suchen lassen, weil wir eine Lücke im Familienstammbaum auffüllen wollten“, erzählte sie. Hier hatte man ihnen damals schnell helfen können.
Auch im Stasi-Unterlagen-Archiv in Gera traf man auf Interessierte, die den Berichten von Jörg Pittelkow lauschten. Zwischen den hier verwahrten 1,6 Millionen Karteikarten und elf Kilometer Akten erzählte er von den Bespitzelungspraktiken, von Postkontrolle und Anwerbungsmethoden der DDRStaatssicherheit und warum es so wenige weibliche IM gab.
Eine Besucherin wollte sich auch über den Antrag auf Akteneinsicht informieren. Sie hoffte, damalige Ereignisse in ihrem Umfeld neu bewerten zu können. Der Tag der Archive hatte sie darin bestärkt, in der Vergangenheit zu graben. Die Existenz des Archivs hielt sie daher für wichtig.