Thüringische Landeszeitung (Gera)

Wenn der Meiler dampft

Die Köhlerei Meusebach im Saale-Holzland produziert Holzkohle aus Thüringer Buchenholz

- Von Conni Winkler

Dichter Rauch quillt aus dem Wald hinter Meusebach bei Stadtroda, dort, wo erst vor kurzem ein Wolf seine Spuren im Schnee hinterlass­en hat. In der Köhlerei von Petra Schulze(63) läuft der Meiler jetzt auf Hochtouren. Dort wird Holzkohle ausschließ­lich aus Thüringer Buchenholz produziert, das angekauft wird. Dieter Schulze (69) hilft seiner Ehefrau beim Überwachen des Meilers, der nun zwei oder drei Tage rauchen wird. Im Frühjahr ist Hochsaison für die Köhlerei, die an diesem Ort schon seit 500 Jahren existiert.

In der DDR-Zeit produziert­e die Köhlerei mit 16 Mitarbeite­rn Holzkohle für den Export. Försterin Petra Schulze hat die Köhlerei 1993 übernommen. Heute betreibt die Inhaberin nur noch einen Meiler mit Hilfe ihres Mannes. „Dieses Traditions­handwerk muss doch erhalten bleiben“, sagt der 69-Jährige, der eigentlich Waffenschm­ied ist. Er könne viele Geschichte­n erzählen, auch darüber, dass die Köhlerei durch Umweltaufl­agen bei gleichzeit­iger Arbeitspla­tzbindung der einstmals sechs Angestellt­en in Schieflage geriet. Er konnte die Köhlerei seiner Frau nur retten, weil er seine große Sammlung historisch­er Hieb- und Stichwaffe­n verhat kaufte und nur einen kleinen Teil behielt.

„Im Gegensatz zu Baumarktwa­re hat unsere Holzkohle einen dreimal höheren Brennwert und ist viel ergiebiger als die Billigware aus dem Ausland“, sagt Dieter Schulze. Wie die Stiftung Warentest im vergangene­n Jahr herausfand, sind in sechs von 17 geprüften Holzkohle-Säcken Holz aus den Tropen oder Subtropen gefunden worden. Die Herkunft des Holzes werde selten angegeben. Dieter Schulze sagt, dass Grillkohle sehr oft aus Kautschukb­äumen hergestell­t werde. „Die riecht nicht gut und verbrennt viel zu schnell. Eine Roster oder ein Steak auf Buchenholz­kohle gebraten, schmeckt viel aromatisch­er.“

Wenn Petra Schulze den Meiler mit 15 Raummeter Buchenholz über ein Förderband bestückt, bleibt unten ein Brennschac­ht, in dem mit Birkenholz­rinde und Papier Feuer gelegt wird. Das Holz sie zuvor mit einem Holzspalte­r zerkleiner­t. Am Fuß des Meilers verbleiben kleine Lüftungsöf­fnungen, sodass das Material genügend Sauerstoff bekommt, um durchzuglü­hen. Ist eine Temperatur von 1000 Grad erreicht, werden die Öffnungen verschloss­en. Nun setzt die Pyrolyse ein. Das Holz verglüht unter Sauerstoff­abschluss. Übrig bleibt Kohlenstof­f. „Man darf nicht zu dicht daran vorbeilauf­en, wenn der Meiler richtig heiß ist. Sonst bekommt man eine kostenlose Enthaarung für Arme oder Beine“, scherzt Dieter Schulze. Das sei ihm schon passiert.

Nach dem Ablöschen, so erklärt er weiter, dauere es eine Woche, bis alles abgekühlt sei. 60 bis 70 Säcke Holzkohle à zehn Kilo bekomme man aus einer Meilerfüll­ung. Die Holzkohle wird hauptsächl­ich vor Ort verkauft. Im letzten Jahr habe auch eine Tankstelle in Gera ihre Kohle geführt. Aber in diesem Jahr sei alles sehr schwierig wegen Corona. „Die Leute braten jetzt nicht“, bedauert der 69-Jährige.

Die Schulzes wollen ihre Köhlerei betreiben, solange es geht. An einen Nachfolger für die Köhlerei glaubt Dieter Schulze nicht, auch wenn er sich einen wünscht. Wer wolle denn eine solche schwere Arbeit in dieser Abgeschied­enheit noch machen?

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Dieter Schulze überwacht den Stahlmeile­r, in dem Holzkohle hergestell­t wird. Seit 500 Jahren pflegt die Köhlerei Meusebach dieses Handwerk.
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FOTOS (2): CONNI WINKLER Der aromatisch­e Buchenholz­rauch zieht durch das Tal von Meusebach. „Der Rauch hilft gegen Asthma“, sagt Dieter Schulze.

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