Thüringische Landeszeitung (Gera)
Im achten Lebensjahrzehnt noch bienenfleißig
Der Geraer Roland Weber (72) betreibt einen Shop für Imkereibedarf
Roland Weber bienenfleißig zu nennen, liegt zwar nahe, wäre aber eine Untertreibung. Denn der 72-Jährige aus Gera, der Mitte der 90er eine Firma für Imkereibedarf gegründet hat, ist mehr als das: Obwohl er bereits seit Jahren seinen Ruhestand genießen könnte, ist er noch nahezu täglich in seinem Betrieb. Nicht, weil er nicht loslassen könnte – Roland Weber hat seine Nachfolge längst geregelt und zwei Stellvertreter, denen er vollends vertraut. Er empfindet die Arbeit vielmehr als sinnstiftend und als das beste Mittel dagegen, sich den lieben langen Tag damit zu beschäftigen, wo es zwickt und zwackt.
„Wer keine Aufgabe hat, denkt nur an seine gesundheitlichen Probleme – das habe ich nie gewollt“, sagt Roland Weber. „Solange ich kann, will ich etwas Gutes tun.“Klar, sagt Weber, er und seine Frau haben ein Einfamilienhaus, an dem es immer etwas zu werkeln gibt. Und sie haben einen Wohnwagen, mit dem sie gern zu schönen Campingplätzen unterwegs sind. Aber das allein füllt sie nicht aus.
Als Roland Weber das eigene Business gründete, hatte er nicht etwa eine Million gewonnen oder einen reichen Investor gefunden: Der studierte Landwirt entwickelte vielmehr aus seinem Hobby, der Imkerei, heraus seine neuen Brotberuf. Dabei nutzte er auch die Erfahrungen, die er in den ersten Jahren der Marktwirtschaft gesammelt hatte: Zuerst bezahlte ihm das Arbeitsamt eine einjährige Weiterbildung zur Führungskraft im mittleren und gehobenen Management, anschließend war er zunächst in einer Unternehmensberatung, dann für ein Reisebüro tätig, das mit großen Veranstaltern kooperierte. Der Job führte ihn für einige Zeit sogar nach Skandinavien. Aber so hoch im Norden, wo es winters schon um drei Uhr nachmittags dunkelt – das war nichts für ihn. Roland Weber kehrte nach Gera zurück.
Dort begann er, sich in die Garage seines Häuschens eine neue Existenz aufzubauen. Denn exakt so wie etwa die Gründer von Apple oder Google gründete auch er sein Unternehmen in der eigenen Garage.
Danach ging es Schlag auf Schlag: Roland Weber mietete zunächst eine Scheune, kaufte dann in Gera-Trebnitz – gut einen Kilometer von der Autobahn-Abfahrt entfernt – zuerst ein Grundstück der ehemaligen LPG und nach und nach weitere Hallen. Außerdem stieg er schon zeitig in den Online-Handel ein, nachdem er selbst binnen knapp vier Tagen eine Homepage und einen Onlineshop erstellt hat.
Inzwischen beschäftigt er 30 Mitarbeiter, auf die er nichts kommen lässt: „Ein gutes Team ist das Wichtigste“, sagt Roland Weber. „Ein
Chef ist nur so gut wie sein Team.“Heute sei die Imkereibedarf – Bienenweber GmbH bundesweit das zweitumsatzstärkste Geschäft in dieser Branche. „Jahr für Jahr haben sich Umsatz und Gewinn erhöht“, ist der Firmenchef stolz. Dabei sei das angesichts der Konkurrenz etwa von Amazon und Ebay keine Selbstverständlichkeit. Gleichwohl beliefert das Geraer Unternehmen Kunden von Kiel bis Bozen, von der Schweiz bis nach Moskau. Und es wächst weiter: Um genügend Lagerfläche für die rund 2500 Artikel von der Honigschleuder bis zu Bienenbeuten zu haben, soll im Gewerbegebiet Korbußen, wo Bienenweber schon eine 2000-QuadratmeterHalle gemietet hat, vom Herbst an noch eine neue Halle entstehen. Die Unterschrift unter den Kaufvertrag für das Grundstück ist gerade erst ein paar Wochen alt. Die finanziellen Mittel für diese Investition liegen bereits auf der hohen Kante, „einen richtigen Bankkredit hatte ich noch nie“, sagt Weber.
Für die eigene Imkerei, versichert Roland Weber, bleibe immer noch etwas Zeit. Er hat zwar längst nicht mehr so viele Bienenvölker wie früher, als er auch noch mit eigenen Bienenprodukten und dem Verkauf von Bienen ein gutes Geschäft machte. Aber dafür sind seine Immen gesund und auch nach dem Winter in der Regel topfit. Webers Ehefrau Rosalinde, die jahrzehntelang als Oberschwester in einem Krankenhaus gearbeitet hat, begnügt sich derweil nicht damit, zuhause auf ihren Mann zu warten: Sie arbeitet selber in der Firma mit und überweist im Jahr summa summarum „ein paar Millionen Euro“.
Die vorherige Folge der Serie „Im (Un-)Ruhestand“erschien am 28. März „Ich arbeite, solange ich kann“über Fleischermeister Baldur Krause (78) aus Greußen. Den sechsten Teil können Sie am Samstag, 11. April, lesen. Dann stellen wir eine Schneiderin vor. Mehr im Internet: www.tlz.de/unruhestand