Thüringische Landeszeitung (Gera)
Jeder akute Brustschmerz muss sofort abgeklärt werden
Herz-Kreislauf-Patienten haben eine fünffach höhere Mortalitätsrate, wenn sie sich mit dem Corona-Virus infizieren
Seit Wochen dreht sich gesundheitlich alles um die CoronaPandemie. Dabei scheint in Vergessenheit geraten zu sein, dass die häufigste Todesursache in Deutschland seit Jahrzehnten Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind. Derzeit aber wird die Bedeutung dieser gefährlichen Erkrankungen wegen der Corona-Krise unterschätzt. Ein Warnsignal für Professor Christian Schulze vom Universitätsklinikum Jena. Professor Schulze ist Kardiologe und Direktor der Klinik für Innere Medizin am Universitätsklinikum (UKJ). Er warnt: „Symptome einer Herzerkrankung dürfen keinesfalls ignoriert werden. Eine kardiologische Abklärung sollte man auf keinen Fall verschieben. Denn je später der Patient diagnostiziert wird, desto schwieriger ist eine erfolgreiche Behandlung der Herzerkrankung.“
Ein Alarmsignal ist für ihn die Tatsache, dass derzeit 20 bis 40 Prozent weniger Patienten mit Herz-Kreislauf-Problemen in die Notaufnahmen kommen als üblich. Das Risiko werde unterschätzt: „Auch bei Corona-Erkrankungen gehören Atemprobleme und Enge in der Brust zu den typischen Symptomen. Deshalb sollte unbedingt und so schnell wie möglich abgeklärt werden, ob es sich tatsächlich um die Virusinfektion handelt, oder um Anzeichen für einen Herzinfarkt, eine
Herzmuskel-Schwäche oder eine Herzklappenerkrankung“, so der Kardiologe.
Beispiele aus Italien und Frankreich, aber auch aus China hätten gezeigt, dass Herz-Kreislauf-Patienten eine fünffach höhere Mortalitätsrate haben, wenn sie sich mit dem Corona-Virus infizieren. „Deshalb ist eine frühzeitige kardiologische Abklärung der Symptome überlebenswichtig.“
Symptome sollten sehr ernst genommen werden
Schulze mahnt: „Patienten sollten eventuelle Symptome sehr, sehr ernst nehmen.“Besonders, wenn man bedenke, dass sich „60 bis 70 Prozent der Bevölkerung in
Deutschland langfristig mit dem Virus infizieren werden“. Je später der Patient diagnostiziert werde, desto schwieriger sei eine erfolgreiche Behandlung der Herzerkrankung.
Am UKJ ist man gut aufgestellt: Die Akutversorgung von Herzpatienten mit Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und anderen schweren Herzerkrankungen sei auch in Corona-Zeiten weiterhin gewährleistet, das Notfallteam in der Notaufnahme und im Herzkatheterlabor ist sogar aufgestockt worden.
„Jeder akute Brustschmerz muss entweder beim Hausarzt oder in der zentralen Notaufnahme von Herzspezialisten abgeklärt werden“, so der Kardiologe. Patienten mit unklaren Brustschmerzen, Enge- und Druckgefühl im Brustkorb, Luftnot oder akutem Schwächegefühl sollten daher unbedingt den Notruf 112 wählen.
Strikte Trennung von Corona- und anderen Patienten
Am UKJ habe man unter Leitung eines Krisenstabes alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um die Patienten vor einer Infektion mit dem Corona-Virus zu schützen, so der Kardiologe. „Jeder Patient wird bei Aufnahme auf eine Infektion getestet, isolierte Bereiche stehen für infizierte Patienten auf den Normalstationen und im Intensivbereich bereit. Zudem werden alle Mitarbeiter kontinuierlich geschult.“