Thüringische Landeszeitung (Gera)
„Versorgung mit Schutzkleidung unzureichend“
DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt warnt vor schwierigen Zuständen in Alten- und Pflegeheimen
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) warnt vor unhaltbaren Situationen in Alten- und Pflegeheimen während der Corona-Krise. „Die Situation ist sehr, sehr angespannt. „Wenn wir nicht aufpassen, werden die Krankenhäuser in den nächsten Wochen viele Patienten aus Pflegeheimen zur Behandlung gegen das Coronavirus aufnehmen müssen“, sagte die DRK-Vorsitzende Gerda Hasselfeldt unserer Redaktion.
Die Versorgung mit Schutzmaterial bis hin zu Desinfektionsmitteln in den Pflegeheimen und bei den ambulanten Pflegediensten sei „völlig unzureichend“. „Hier muss schnellstmöglich Abhilfe geschaffen werden“, sagte Hasselfeldt. Es gehe dabei sowohl um den Schutz der Mitarbeiter als auch um den Schutz der Pflegebedürftigen. Für Pflegekräfte mit sehr engem Bewohnerkontakt müssten außerdem „unbedingt regelmäßige Tests auf Covid-19 durch die Gesundheitsämter“durchgeführt werden. In den Heimen hätten es die Mitarbeiter mit einer Risikogruppe von Menschen zu tun, die zum Großteil dement seien und die man nicht völlig sozial isolieren könne. „Das sind Menschen, die oft Angst bekommen und verstört sind, wenn sie Personen in Schutzausrüstung sehen.“Das Deutsche Rote Kreuz ist einer der größten Wohlfahrtsverbände. Die Sanitäter und Pflegekräfte leisten Erste Hilfe, organisieren Blutspenden und sind in der Altenhilfe tätig, in Heimen und auch bei Besuchen zu Hause. Auch die Sanitäter hätten nur noch einen knappen
Vorrat an Schutzkleidung. Die DRK-Chefin forderte als Lehre aus der Corona-Krise einen Aufbau von bundesweit zehn Materiallagern, in denen Zelte, Decken, Feldbetten, Medikamente und Hygieneartikel für die Versorgung von insgesamt 50.000 Menschen in solchen Krisenfällen gelagert werden sollen. Im Haushalt für das laufende Jahr habe der Bund knapp 24 Millionen Euro für ein erstes Lager eingeplant. Damit könnten etwa 5000 Menschen versorgt werden. „Die Corona-Krise zeigt, wie dringend notwendig so eine Bundesvorratshaltung ist und dass wir da schneller vorankommen müssen.“ signalisieren sie in Brüssel, den nächsten Anlauf nehmen, wenn die EU-Regierungschefs demnächst über ein großes Wiederaufbauprogramm für die europäische Wirtschaft beraten werden, das von der Leyen schon als neuen „Marshallplan“ankündigt – in Anlehnung an die US-Hilfen für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. „In der großen Krise liegt auch die Chance, dass sich Europa noch einmal neu erfindet“, glaubt die Präsidentin.
Aus Sicht der Südländer ist es auch die Chance, endlich die gemeinschaftliche Schuldenhaftung in der EU durchzusetzen. Da hilft es wenig, dass die Kanzlerin ihre Kollegen warnt, sie habe dafür gar keine Mehrheit im Bundestag. Die Erwartungen an die Bundesregierung in dieser Krise sind hoch: „Ganz Europa zählt auf Deutschland“, sagt der französische Finanzminister Bruno Le Maire.
Die Regierung in Berlin bemüht sich bereits um andere Solidaritätssignale. Dass schwer kranke Corona-Patienten aus Italien und Frankreich nun in deutschen Krankenhäusern behandelt werden, wird in Rom und Paris ausdrücklich anerkannt. Die EU-Kommission will solche gegenseitige medizinische Notfallhilfe jetzt unterstützen, mit finanzieller Beteiligung an den Transportkosten und der Koordinierung freier Bettenkapazitäten.
Der Europaabgeordnete und CDU-Gesundheitsexperte Peter Liese sagt: „Es ist dringend erforderlich, dass alle Mitgliedstaaten ihre freien Bettenkapazitäten melden und Regionen wie Norditalien, Madrid und Ostfrankreich helfen – dort kämpfen Ärzte und Pfleger verzweifelt um das Leben der Menschen, haben aber einfach keine Kapazitäten mehr.“Auch Liese warnt: „Wenn wir nicht solidarisch sind, kann das Coronavirus die Europäische Union zerstören.“