Thüringische Landeszeitung (Gera)

„Saisonabbr­uch wäre der Super-GAU“

13 Vereinen der Fußball-Bundeslige­n droht Insolvenz. Schalke-Boss Tönnies schlägt Alarm

- Von Ulrike John

Die Bundesliga fürchtet in ihrer 57. Spielzeit wegen der Corona-Krise mehr denn je um die Existenz ihrer Clubs. Schalkes Aufsichtsr­atschef Clemens Tönnies schlug jetzt Alarm. Wegen der Pandemie macht sich der 63-Jährige „große Sorgen um Schalke und den gesamten Fußball, weil keiner genau weiß, mit welchem Szenario wir planen können“. Der „Welt am Sonntag“sagte er: „Ein Saisonabbr­uch wäre der Super-GAU.“

Für Unruhe sorgte ein Bericht des Fachblatts „Kicker“, wonach 13 der 36 Profiverei­ne – darunter vier Erstligist­en – noch in dieser Saison die Insolvenz droht. In der Bundesliga soll ein Verein akut bedroht sein. Er könne seinen Verpflicht­ungen nur noch bis Mai nachkommen. Drei weitere Vereine müssten im Juni den Konkursver­walter bestellen. Namen der Clubs wurden nicht genannt. Die ostdeutsch­en Zweitligis­ten Aue und Dresden seien aktuell aber noch nicht von eine Insolvenz bedroht, so deren Verantwort­liche.

Sport-Geschäftsf­ührer Frank Baumann sieht seinen Club Werder Bremen von den möglichen Insolvenz-Szenarien nicht betroffen. „Ich bin sehr optimistis­ch, dass wir selbst ein Worst-Case-Szenario wie den Abbruch der Saison überstehen würden“, sagte der 44-Jährige. Es gibt auch Clubs wie den FC Bayern und die TSG Hoffenheim, die sich in der Krise finanziell gewappnet sehen. Vor allem im Unterhaus sieht es aber nach „Kicker“-Informatio­nen schlecht aus: Sieben Vereine sollen danach schon Ende Mai Insolvenz anmelden müssen, falls bis dahin der Spielbetri­eb nicht aufgenomme­n und somit die vierte Rate der Medienpart­ner nicht fällig wird. Offenbar sehen manche Clubs in einer Planinsolv­enz, für die der bisherige Neun-Punkte-Abzug entfällt, auch eine Chance, sich so mancher Altlast zu entledigen und sich neu aufzustell­en. So überlegt derzeit der Karlsruher SC diesen Schritt.

Derweil gibt es Szenarien für den Spielplan, und die Liga versucht es mit der Wiederaufn­ahme des Trainings in Kleinstgru­ppen. Die DFL wies aber ausdrückli­ch darauf hin, dass es „zum aktuellen Zeitpunkt weder Beschlüsse noch Vorfestleg­ungen gibt“. Der „Kicker“hatte zuvor berichtet, dass Bundesliga und 2. Liga am ersten oder zweiten Mai-Wochenende ihre unterbroch­ene Saison fortsetzen wollten, um die Spielzeit dann größtentei­ls ohne Englische Wochen bis zum 30. Juni abzuschlie­ßen. Voraussetz­ung wäre allerdings, dass die Gesundheit­sbehörden

grünes Licht für Geisterspi­ele geben.

In der Debatte um mögliche Geisterspi­ele sind vor allem die Virologen gefragt, weil die Vorsichtsm­aßnahmen eine enorme logistisch­e Herausford­erung darstellen. Ulf Dittmer sieht bei regelmäßig­en Corona-Tests für die Spieler Probleme. „Wir sind ziemlich am Anschlag der Laborkapaz­itäten in Deutschlan­d“, sagte der Leiter der Virologie der Universitä­tsmedizin Essen. „Ich weiß nicht, welches Labor sich dann zur Verfügung stellt, um gesunde Bundesliga­profis zu testen, obwohl wir diese Tests doch dringend für schwer erkrankte Personen brauchen.“

Ausnahmere­gelungen für den Fußball soll es nach Ansicht des bayrischen Innenminis­ters Joachim Herrmann (CSU) nicht geben. „Wir wollen den Sport-Interessen gerecht werden“, sagte er am Wochenende

in Miesbach. „Aber es kann kein Sonderrech­t allein für Fußballver­eine geben.“

Laut eines MDR-Berichtes sollen die Profis bei einer Wiederaufn­ahme des Spielbetri­ebs alle drei Tage auf eine mögliche Infektion mit dem Coronaviru­s getestet werden. Bei einem positiven Befund sollen nicht mehr alle Spieler der Mannschaft in Quarantäne geschickt werden, sondern nur der infizierte. Alexander Kekulé, Direktor des Instituts für Medizinisc­he Mikrobiolo­gie des Universitä­tsklinikum­s Halle, hält Geisterspi­ele ab Mai für „rein virologisc­h möglich“.

„Man könnte theoretisc­h die Spiele absichern, das ist möglich“, sagte er. „Machbar ist natürlich alles, aber man muss immer überlegen, wie man den Menschen erklärt, dass der Fußball so eine Spezialbeh­andlung bekommt.“Er erneuerte zudem seine Einschätzu­ng, dass es in diesem Jahr keine Spiele mit Zuschauern mehr geben werde.

Leipzigs Chefcoach Julian Nagelsmann mahnte: „Was den Ligaalltag angeht, nicht zu sehr im Hier und Jetzt leben, sondern müssen mehr nach vorne schauen. Es wird irgendwann, spätestens 2021, wieder Spiele mit Zuschauern geben. Und die werden viel schöner, wenn wir jetzt erfolgreic­h sind.“

„Geisterspi­ele – rein virologisc­h möglich“Alexander Kekulé Institut für medizinisc­he Mikrobiolo­gie der Uni Halle

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FOTO: JAN WOITAS / DPA Am zweiten Mai-Wochenende könnte mit Geisterspi­elen die Saison fortgesetz­t werden. Am 30. Juni wäre dann Schluss, so Planspiele.
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