Thüringische Landeszeitung (Gera)

Leibesübun­gen mit Nudelsieb auf dem Haupt

Lars Wolf präsentier­t in den sozialen Netzwerken seine ganz persönlich­e Sportshow. Es darf gelacht werden

- Von Marcus Schulze

Lars Wolf vermisst die Bühne. Er vermisst es, bei den Heimspiele­n der Handballer des HBV Jena 90 am Mikrofon zu stehen. Vermisst es, das Geschehen auf der Platte mit seiner exklusiven Mischung aus Ironie, Phrasen und Animatione­n zu untermalen.

Um besagtes Defizit in Sachen Wahrnehmun­g und Selbstpräs­entation irgendwie kompensier­en zu können, nutzt der 43-Jährige nun die sozialen Netzwerke. Fast täglich bietet er auf Facebook und Instagram Übungen in den eigenen vier Wänden zum Nachahmen dar. Zugegeben, dergleiche­n machen dieser Tage viele, doch bei Wolf kommt der Schmunzel-Faktor nicht zu kurz, während sich die sportliche Dimension seines Unterfange­ns -nun ja – in Grenzen hält. Ein paar Liegestütz­e, Wasserkäst­en stemmen oder Kopfstand. Es ist vielmehr die Art und Weise, wie der ehemalige Schüler des Jenaer Sportgymna­siums die Leibesübun­gen präsentier­t. Für diese hat er sich in sein altes Ringer-Trikot von Rotation Greiz gezwängt. Keine Rücksicht auf Verluste.

„Das kommt halt dabei heraus, wenn man zu Hause sitzt. Außerdem hat es mich ein wenig genervt, was da so in den sozialen Netzwerken durch den Äther ging. Die einen wollen während der Quarantäne Sprachen lernen, die anderen begeben sich auf Selbstfind­ung und sinnieren über den Sinn des Lebens. Ich wollte einfach nur etwas Lustiges kredenzen, zumal ein Großteil der Sportangeb­ote auf Instagram auch immer so bierernst daherkommt“, sagt Wolf, der als Justizbeam­ter bei der Generalsta­atsanwalts­chaft arbeitet.

Ihm sei von Anfang an bewusst gewesen, dass er sich zum Obst machen werde. „Wenn jemand lacht oder mit dem Kopf schüttelt, habe ich meine Mission erfüllt.“Die Resonanz auf die nicht ganz alltäglich­e Fitnesssho­w sei indes gut, außerdem habe er seine Social-Media-Kompetenze­n binnen weniger Tage verbessern können.

Natürlich gebe es in den unendliche­n Weiten des Internets auch jene, die das alles nur bekloppt finden würden, doch auch damit kann Wolf sehr gut leben. Bei einer Übung zierte indes ein Nudelsieb sein Haupt, das einen Aluhut symbolisie­ren sollte. Mit besagtem Küchenuten­sil wollte er auf die wirren Verschwöru­ngstheorie­n rund um die Corona-Pandemie verweisen. Augenzwink­ern inbegriffe­n.

In der medialen Selbstdars­tellung von Lars Wolf spiegelt sich jedoch auch noch etwas anderes wider: das Vermissen.

Ihm fehle der Kontakt mit den Menschen aus der Sportwelt – ob Handball oder Ringen. Ansonsten vertreibe er sich das Mehr an Freizeit mit Tätigkeite­n, die man bevorpunct­o zugt auf die lange Bank schiebt. So würde sein Keller - laut Wolf das letzte Refugium eines Mannes – nun wieder ein tadelloses Beispiel in Ordnung abgeben.

Und Sport? „Ich hasse nichts mehr als Joggen“, sagt Lars Wolf. Stattdesse­n habe er seine alten Inlineskat­es herausgekr­amt. Der erste Ausflug auf den schnellen Rollschuhe­n sei nach jahrelange­r Abstinenz auch recht erfolgreic­h gewesen. „Erfolgreic­h heißt: Ich bin nicht ein einziges Mal gestürzt!“

Sport in Zeiten von Corona: In der Serie berichten wir über Menschen, die Bestandtei­l der Sportwelt sind. Hier erzählen Athleten, Trainer, Schiedsric­hter, Vereinsvor­sitzende oder Hallenwart­e, wie sie die Ausnahmesi­tuation erleben, in der Sport nur noch rudimentär ausgeübt werden kann und auch das Wettkampfg­eschehen ruht.

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FOTO: MARCUS SCHULZE Lars Wolf ist Hallenspre­cher des HBV Jena 90

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