Thüringische Landeszeitung (Gera)
Leibesübungen mit Nudelsieb auf dem Haupt
Lars Wolf präsentiert in den sozialen Netzwerken seine ganz persönliche Sportshow. Es darf gelacht werden
Lars Wolf vermisst die Bühne. Er vermisst es, bei den Heimspielen der Handballer des HBV Jena 90 am Mikrofon zu stehen. Vermisst es, das Geschehen auf der Platte mit seiner exklusiven Mischung aus Ironie, Phrasen und Animationen zu untermalen.
Um besagtes Defizit in Sachen Wahrnehmung und Selbstpräsentation irgendwie kompensieren zu können, nutzt der 43-Jährige nun die sozialen Netzwerke. Fast täglich bietet er auf Facebook und Instagram Übungen in den eigenen vier Wänden zum Nachahmen dar. Zugegeben, dergleichen machen dieser Tage viele, doch bei Wolf kommt der Schmunzel-Faktor nicht zu kurz, während sich die sportliche Dimension seines Unterfangens -nun ja – in Grenzen hält. Ein paar Liegestütze, Wasserkästen stemmen oder Kopfstand. Es ist vielmehr die Art und Weise, wie der ehemalige Schüler des Jenaer Sportgymnasiums die Leibesübungen präsentiert. Für diese hat er sich in sein altes Ringer-Trikot von Rotation Greiz gezwängt. Keine Rücksicht auf Verluste.
„Das kommt halt dabei heraus, wenn man zu Hause sitzt. Außerdem hat es mich ein wenig genervt, was da so in den sozialen Netzwerken durch den Äther ging. Die einen wollen während der Quarantäne Sprachen lernen, die anderen begeben sich auf Selbstfindung und sinnieren über den Sinn des Lebens. Ich wollte einfach nur etwas Lustiges kredenzen, zumal ein Großteil der Sportangebote auf Instagram auch immer so bierernst daherkommt“, sagt Wolf, der als Justizbeamter bei der Generalstaatsanwaltschaft arbeitet.
Ihm sei von Anfang an bewusst gewesen, dass er sich zum Obst machen werde. „Wenn jemand lacht oder mit dem Kopf schüttelt, habe ich meine Mission erfüllt.“Die Resonanz auf die nicht ganz alltägliche Fitnessshow sei indes gut, außerdem habe er seine Social-Media-Kompetenzen binnen weniger Tage verbessern können.
Natürlich gebe es in den unendlichen Weiten des Internets auch jene, die das alles nur bekloppt finden würden, doch auch damit kann Wolf sehr gut leben. Bei einer Übung zierte indes ein Nudelsieb sein Haupt, das einen Aluhut symbolisieren sollte. Mit besagtem Küchenutensil wollte er auf die wirren Verschwörungstheorien rund um die Corona-Pandemie verweisen. Augenzwinkern inbegriffen.
In der medialen Selbstdarstellung von Lars Wolf spiegelt sich jedoch auch noch etwas anderes wider: das Vermissen.
Ihm fehle der Kontakt mit den Menschen aus der Sportwelt – ob Handball oder Ringen. Ansonsten vertreibe er sich das Mehr an Freizeit mit Tätigkeiten, die man bevorpuncto zugt auf die lange Bank schiebt. So würde sein Keller - laut Wolf das letzte Refugium eines Mannes – nun wieder ein tadelloses Beispiel in Ordnung abgeben.
Und Sport? „Ich hasse nichts mehr als Joggen“, sagt Lars Wolf. Stattdessen habe er seine alten Inlineskates herausgekramt. Der erste Ausflug auf den schnellen Rollschuhen sei nach jahrelanger Abstinenz auch recht erfolgreich gewesen. „Erfolgreich heißt: Ich bin nicht ein einziges Mal gestürzt!“
Sport in Zeiten von Corona: In der Serie berichten wir über Menschen, die Bestandteil der Sportwelt sind. Hier erzählen Athleten, Trainer, Schiedsrichter, Vereinsvorsitzende oder Hallenwarte, wie sie die Ausnahmesituation erleben, in der Sport nur noch rudimentär ausgeübt werden kann und auch das Wettkampfgeschehen ruht.