Thüringische Landeszeitung (Gera)

Diktatoris­che Züge

- Fabian Klaus zum Umgang mit dem Coronaviru­s f.klaus@tlz.de

Die Akzeptanz der Coronarege­ln wird geringer, je weniger Infizierte gibt. Das verwundert aus mehreren Gründen nicht. Seit im März das Land nahezu vollständi­g lahmgelegt wurde und nur Millimeter vom absoluten Lockdown entfernt war, gingen fast drei Monate ins Land. Monate, in denen alte Menschen vereinsamt­en und Kinder fast vollständi­g daheim „eingesperr­t“waren – wir erinnern uns: Kindertage­sstätten und Schulen waren komplett dicht, und Plätze des Umgangs mit anderen Kindern gab es ebenfalls nicht. Eltern, die die Veränderun­gen ihrer Kinder mit zunehmende­r Sorge gesehen haben, wurden müde belächelt. Kinder sollen die Zukunft dieses Landes sein? In der Corona-Pandemie zeigt sich an vielen Stellen das Gegenteil.

Dass dieses Virus nach wie vor präsent ist, wird durch immer neue Infektione­n klar. Aber: Längst erreicht deren Zahl kein Ausmaß, wie es im März prophezeit wurde. Das liegt natürlich an den getroffene­n Maßnahmen liegen. Denn ein Blick zum Beispiel nach Brasilien zeigt, was ohne Schutzmaßn­ahmen hätte passieren können.

Dass nun Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) mit seiner Maxime „Gebote statt Verbote“eine bundesweit­e Debatte um weitere Lockerunge­n ausgelöst hat, kann man gut oder schlecht finden. Mit den Plänen Ramelows wird die Pandemie-Bekämpfung in jedem Fall noch lokaler. Und das ist richtig, auch wenn vor allem aus Jena erneut heftiger Gegenwind kommt.

Wenn Covid-19 zur Erkenntnis der Gefährlich­keit noch eine weitere Lehre erbracht hat, dann ist es die: In der Krise zeigen manche Politiker ihre diktatoris­chen Züge und würden die Bevölkerun­g lieber weiter gängeln, anstatt ihr etwas zuzutrauen.

Ramelow hat diesen Trend, nachdem er wochenlang Hardliner gewesen ist, mutig durchbroch­en.

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