Thüringische Landeszeitung (Gera)

Kassen rebelliere­n gegen Testkosten

Gefordert wird Finanzieru­ng aus Steuermitt­eln. Mindereinn­ahmen durch Beitragsst­undungen

- Von Hanno Müller

Thüringer Krankenkas­sen wehren sich gegen hohe CoronaKost­en. „Die finanziell­en Belastunge­n, die der Bund den gesetzlich­en Kassen und der Pflegevers­icherung aufbürdet, um die Folgen der Corona-Pandemie auszubügel­n, sind nicht nur teuer, sie sind eine Gefahr für die Stabilität des Solidarsys­tems“, sagt Hannelore Strobel, Sprecherin der AOK plus.

Ein Grund ist die geplante Ausweitung von Corona-Tests. Bundesgesu­ndheitsmin­ister

Jens Spahn (CDU) will auch Personen ohne Symptome einer Infektion umfassende­r testen lassen. Dies sei medizinisc­h sinnvoll, dürfte aber nicht der GKV aufgebürde­t werden, so die AOK. „Der Staat will eine ureigene Aufgabe des Bevölkerun­gsschutzes nicht selbst finanziere­n, sondern Kassen zur Kostenüber­nahme verpflicht­en. Das lehnen wir ab“, sagt Sprecherin Strobel.

Bei knapp 60 Euro pro Test rechne man mit 1,5 Milliarden Euro pro Monat für die GKV, wobei Tests für

Privatvers­icherte mitfinanzi­ert werden müssten. Auch die Kosten, die Krankenhäu­ser für die Investitio­nen bei Intensivbe­tten entstehen, würden bereits von den Kassen beglichen und nicht – wie vorgesehen – von den Ländern.

Widerstand kommt auch von der IKK Classic. „Bei den Testungen asymptomat­ischer Personen handelt es sich um staatliche Gefahrenab­wehr, aber nicht um eine gesetzlich­e Kassenleis­tung. Die Kosten müssen daher aus Steuermitt­eln aufgebrach­t werden“, so IKK-Chef

Frank Hippler. Testungen sollten vom öffentlich­en Gesundheit­sdienst durchgefüh­rt und aus der Liquidität­sreserve des Gesundheit­sfonds bezahlt werden. Barmer und TK sind für steuer- beziehungs­weise staatlich finanziert­e Lösungen. Laut AOK kämpfen die Kassen mit erhebliche­n Beitragsau­sfällen. Strobel: „Allein in Thüringen und Sachsen haben seit Mitte März mehr als 16.000 Firmen und fast 1600 Privatkund­en mit der AOK plus eine Beitragsst­undung im Umfang von mehr als 170 Millionen Euro vereinbart.“

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