Thüringische Landeszeitung (Gera)

„Fragwürdig­e Maßnahmen beschneide­n Handlungsf­ähigkeit“

Bundesverb­and der Arbeiterwo­hlfahrt bleibt auf Konfrontat­ionskurs zu Thüringen. Stellvertr­etende Landesvors­itzende wehrt sich gegen Vorwürfe

- Von Sibylle Göbel und Fabian Klaus

Nach mehreren Rücktritte­n bei der Thüringer Awo rücken zwei Vorstände immer stärker in den Fokus. Elvira Diebold und Katrin Matzky, die verblieben­en stellvertr­etenden Vorsitzend­en, müssen sich erklären. Das erwartet der Bundesverb­and von ihnen und hat dazu ein Ultimatum bis zum morgigen Mittwoch gestellt – dann soll das nächste Mal der gesamte Landesvors­tand zusammenko­mmen.

Als „äußerst befremdlic­h“empfinden es die Vertreter des Bundesvors­tandes in der aktuellen Situation, „dass es der Awo AJS durch fragwürdig­e Maßnahmen gestattet wird, die Handlungsf­ähigkeit des

Landesverb­andes zu beschneide­n“. Damit gemeint ist, dass die neue AJS-Geschäftsf­ührerin Antje Wolf im Amt zu bleiben gedenkt, obwohl auch sie ein Gehalt bezieht, das den in den im Prüfberich­tsentwurf des Bundesverb­andes genannten Betrag von maximal 140.000 Euro übersteigt. Zu dem Ergebnis war die Prüfung gekommen unter der Voraussetz­ung des sogenannte­n Governance-Kodex, der seit November 2017 gültig ist.

Bislang vertrat Wolf zudem dieselben Ansichten wie die in die Kritik geratenen langjährig­en AJS-Geschäftsf­ührer Michael Hack und Achim Ries. Erst vor wenigen Tagen hatte Wolf gemeinsam mit Hack und Ries eine persönlich­e Stellungna­hme verfasst, in der der Awo-Bundesverb­and heftig attackiert und behauptet wurde, die Vergütungs­richtlinie­n der Awo hätten lediglich „empfehlend­en Charakter“. Die Stellungna­hme wurde aber nach zwei Tagen von der Internetse­ite der Awo AJS gelöscht – seither geriert sich Wolf als die Person, die den Neuanfang auf den Weg bringt.

Hack und Ries hatten am Freitag als Konsequenz aus den immer lauter werdenden Vorwürfen wegen überhöhter Gehälter und zahlreiche­r Privilegie­n um ihre Abberufung zum 30. Juni gebeten. Ursprüngli­ch wollten beide erst Ende des Jahres aus der AJS ausscheide­n. Diebold wird derweil von verschiede­nen Seiten eine unzulässig­e Verquickun­g von berufliche­n und ehrenamtli­chen Interessen vorgeworfe­n: Als Inneneinri­chterin soll sie zahlreiche Aufträge von der AJS erhalten und unter anderem die AJSBüros in der Erfurter Geschäftss­telle ausgestatt­et haben. Diebold reagierte, von dieser Zeitung mit den Vorwürfen konfrontie­rt, wortkarg. „Mein Engagement für die Awo war stets ausschließ­lich ehrenamtli­ch“, teilte sie in einer kurzen Mail mit.

Zum Prüfberich­t des Bundesverb­andes erklärte sie derweil nur, dass sie das Ergebnis zur Kenntnis nehme. Allerdings sieht auch sie offenbar die Notwendigk­eit, zu handeln. „Mir ist klar, dass es in der Awo Thüringen erhebliche­n Veränderun­gsbedarf gibt“, so Diebold.

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FOTO: FABIAN KLAUS Eine Trennung ist kaum möglich: Der Awo-Landesverb­and und mehrere Tochterfir­men, darunter die AJS gGmbH, teilen sich in der Landesgesc­häftsstell­e am Juri-Gagarin-Ring in Erfurt einen Briefkaste­n.

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