Thüringische Landeszeitung (Gera)
„Fragwürdige Maßnahmen beschneiden Handlungsfähigkeit“
Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt bleibt auf Konfrontationskurs zu Thüringen. Stellvertretende Landesvorsitzende wehrt sich gegen Vorwürfe
Nach mehreren Rücktritten bei der Thüringer Awo rücken zwei Vorstände immer stärker in den Fokus. Elvira Diebold und Katrin Matzky, die verbliebenen stellvertretenden Vorsitzenden, müssen sich erklären. Das erwartet der Bundesverband von ihnen und hat dazu ein Ultimatum bis zum morgigen Mittwoch gestellt – dann soll das nächste Mal der gesamte Landesvorstand zusammenkommen.
Als „äußerst befremdlich“empfinden es die Vertreter des Bundesvorstandes in der aktuellen Situation, „dass es der Awo AJS durch fragwürdige Maßnahmen gestattet wird, die Handlungsfähigkeit des
Landesverbandes zu beschneiden“. Damit gemeint ist, dass die neue AJS-Geschäftsführerin Antje Wolf im Amt zu bleiben gedenkt, obwohl auch sie ein Gehalt bezieht, das den in den im Prüfberichtsentwurf des Bundesverbandes genannten Betrag von maximal 140.000 Euro übersteigt. Zu dem Ergebnis war die Prüfung gekommen unter der Voraussetzung des sogenannten Governance-Kodex, der seit November 2017 gültig ist.
Bislang vertrat Wolf zudem dieselben Ansichten wie die in die Kritik geratenen langjährigen AJS-Geschäftsführer Michael Hack und Achim Ries. Erst vor wenigen Tagen hatte Wolf gemeinsam mit Hack und Ries eine persönliche Stellungnahme verfasst, in der der Awo-Bundesverband heftig attackiert und behauptet wurde, die Vergütungsrichtlinien der Awo hätten lediglich „empfehlenden Charakter“. Die Stellungnahme wurde aber nach zwei Tagen von der Internetseite der Awo AJS gelöscht – seither geriert sich Wolf als die Person, die den Neuanfang auf den Weg bringt.
Hack und Ries hatten am Freitag als Konsequenz aus den immer lauter werdenden Vorwürfen wegen überhöhter Gehälter und zahlreicher Privilegien um ihre Abberufung zum 30. Juni gebeten. Ursprünglich wollten beide erst Ende des Jahres aus der AJS ausscheiden. Diebold wird derweil von verschiedenen Seiten eine unzulässige Verquickung von beruflichen und ehrenamtlichen Interessen vorgeworfen: Als Inneneinrichterin soll sie zahlreiche Aufträge von der AJS erhalten und unter anderem die AJSBüros in der Erfurter Geschäftsstelle ausgestattet haben. Diebold reagierte, von dieser Zeitung mit den Vorwürfen konfrontiert, wortkarg. „Mein Engagement für die Awo war stets ausschließlich ehrenamtlich“, teilte sie in einer kurzen Mail mit.
Zum Prüfbericht des Bundesverbandes erklärte sie derweil nur, dass sie das Ergebnis zur Kenntnis nehme. Allerdings sieht auch sie offenbar die Notwendigkeit, zu handeln. „Mir ist klar, dass es in der Awo Thüringen erheblichen Veränderungsbedarf gibt“, so Diebold.