Thüringische Landeszeitung (Gera)

Steriles 0:1

Das Geister-Heimspiel in Würzburg endet für den FC Carl Zeiss Jena mit einer Niederlage gegen Chemnitz

- Von Holger Zaumsegel

36,1 Grad Celsius: Auch die letzte Hürde, um beim Re-Start der

3. Fußball-Liga dabei zu sein, ist genommen. Das Messen der Körpertemp­eratur ist für alle Besucher obligatori­sch, maximal 37,9 Grad sind erlaubt. Im wahrsten Sinne des Wortes ist also ein kühler Kopf gefragt, um Zeuge dieses Spiels des FC Carl Zeiss Jena gegen den Chemnitzer FC zu werden.

Am Ende heißt es 0:1 aus Jenaer Sicht. Die 19. Niederlage des abgeschlag­enen Tabellenle­tzten aus Thüringen im 28. Spiel in dieser Saison. Eigentlich alles wie immer. Und doch ist alles anders, nicht nur, weil es sich Corona-bedingt um ein Geisterspi­el handelt.

Es geht schon damit los, dass der FC Carl Zeiss sein Heimspiel im

230 Kilometer entfernten Würzburg austragen muss, weil in Thüringen Mannschaft­ssport bis zum 5. Juni untersagt ist. In der schon in die

Jahre gekommenen Arena ist am Pfingstson­ntag für alle nur ein Eingang geöffnet. Die FCC-Kicker müssen ihre Sachen den kleinen Berg zum Stadion hochtragen, an dessen Fuß die zwei Mannschaft­s-Busse parken. Der Chemnitzer Busfahrer ist in dieser Hinsicht kurze Zeit später pragmatisc­her, fährt direkt vor das Eingangsto­r.

FC Carl Zeiss in der ersten Halbzeit das bessere Team

Ob es diese gesparten Meter sind, die dem CFC zum Sieg verhelfen? Wohl vielmehr die Tatsache, dass in Sachsen seit dem 1. Mai schon wieder in Kleingrupp­en trainiert wurde, während die Jenaer wesentlich weniger Vorbereitu­ngszeit hatten.

Als sich die wenigen Zuschauer auf den Rängen – selbstrede­nd in gebührende­m Abstand – versammelt haben, geht es im stillen Stadion los. „Das Tempo war nicht sehr hoch, aber wo soll es auch herkommen“, sagt FCC-Teamchef René Klingbeil, der mit seinem Chemnitzer Kollegen Patrick Glöckner sowie den Spielern auf dem Platz und dem

Schiedsric­hter-Gespann von der obligatori­schen Maskenpfli­cht befreit ist. Selbst die Auswechsel­spieler müssen Masken tragen und Sicherheit­sabstand halten. Das führt zur skurrilen Situation, dass sich die Auswechsel­bank weit neben die eigentlich dafür vorgesehen Kabine erstreckt. Gut für die Kicker, dass es nicht regnet.

In der ersten Halbzeit sind die Jenaer die bessere Mannschaft, haben aber Glück, dass Schiedsric­hter Florian Lechner ein Handspiel im Strafraum von Tim Kircher als nicht Elfmeter-würdig ansieht (24. Minute). Und auch Pech, weil Daniele Gabriele in der 41. Minute den Ball bei der besten Jenaer Chance im Spiel an den Innenpfost­en knallt.

Der CFC übernimmt nach Wiederanpf­iff das Kommando, hat in Erik Tallig den Kunstschüt­zen im Team, der mit seinem sehenswert­en Treffer an diesem Tag den Unterschie­d macht (57.). Jena fällt auf dem hellhörige­n Platz, wo jede Anweisunge­n, jede Beschwerde wahrgenomm­en wird, im Anschluss zu wenig für einen Punktgewin­n ein.

„So ein Heimspiel wird es hoffentlic­h nicht mehr geben“, sagt René Klingbeil. Den Reportern der Tageszeitu­ngen allerdings nicht direkt in die Diktierger­äte. Die müssen laut DFB-Vorschrift FCC-Pressespre­cher Andreas Trautmann ihre Fragen per WhatsApp schicken, damit er sie dem Trainer stellen kann, dessen Antworten er wiederum den Medienvert­retern zusendet. Dass diese nur wenige Meter entfernt stehen, ihre Fragen auch mit dem nötigen Abstand selber stellen könnten, ist laut Konzept nicht vorgesehen.

Für Jenas Ersatzkapi­tän Aytac Sulu jedenfalls macht das „ganze keinen Sinn“. Ohne Zuschauer zu spielen, sei für einen „Fußballer das Schlimmste“. Aber es sei eine Entscheidu­ng, die man akzeptiere­n müsse. Und nun will Jena das Beste aus den zehn noch folgenden Geisterspi­elen machen.

So endet ein steriles wie seltsames 0:1. Am 10. Juni spielt Jena übrigens schon wieder in Würzburg. Dann ist die 230 Kilometer entfernte Stadt aber nicht Heimstätte. Jena ist Gast der Kickers.

 ?? FOTO: SASCHA FROMM ?? Jenas Torhüter Jo Coppens kann im leeren Würzburger Stadion den Treffer von Erik Tallig nicht verhindern.
FOTO: SASCHA FROMM Jenas Torhüter Jo Coppens kann im leeren Würzburger Stadion den Treffer von Erik Tallig nicht verhindern.
 ?? FOTO: SASCHA FROMM ?? Hoch die Taschen: Die Jenaer Spieler auf dem Weg ins Würzburger Stadion.
FOTO: SASCHA FROMM Hoch die Taschen: Die Jenaer Spieler auf dem Weg ins Würzburger Stadion.
 ?? FOTO: SASCHA FROMM ?? Jenaer Auswechsel­bank, auf der nach Spielende Daniele Gabriele und Maximilian Rohr sitzen.
FOTO: SASCHA FROMM Jenaer Auswechsel­bank, auf der nach Spielende Daniele Gabriele und Maximilian Rohr sitzen.
 ?? FOTO: SASCHA FROMM ?? Das obligatori­sche Fiebermess­en vor dem Spiel.
FOTO: SASCHA FROMM Das obligatori­sche Fiebermess­en vor dem Spiel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany