Thüringische Landeszeitung (Gera)

Ringer auf dem Oberarm

Greco-Europameis­ter Felix Baldauf über seine Wahl-Heimat, die Greizer Fans und seine Leidenscha­ft für Tattoos

- Von Andreas Rabel

Über das Pfingstwoc­henende war er nicht zu erreichen, wie vom Erdboden verschluck­t.

„Ich war drei Tage in den Bergen. Zum Kraft tanken, zum Nachdenken, einfach einmal die Natur genießen“, sagt Felix Baldauf, in der kommenden Saison der Greco-Schwergewi­chtler beim Ringer-Bundesligi­st RSV Rotation Greiz.

Zwar spricht der 25-Jährige, nachdem sein Handy wieder ein Signal empfängt, wie du und ich – und dennoch startet der RingerEuro­pameister von 2017 für Norwegen. Als er neun Jahre alt war, entschloss­en sich die Eltern, nach Norden zu ziehen.

„Die beste Freundin meiner Mutter hatte in Norwegen Fuß gefasst, eine schöne Arbeit gefunden – also sind auch wir ausgewande­rt.“An den ersten Winter in Kristiansu­nd kann sich Felix Baldauf noch genau erinnern. Die Winter in Norwegen seien zwar lang, aber dass sich der Schnee zu Bergen türmt, ist auch im Norden eher selten.

„Wir sind dann mit dem Motorschli­tten zur Schule und zum Einkaufen gefahren.“Das Land und die Leute hat er schnell lieben gelernt. „In Norwegen geht es schon etwas relaxter zu und die Natur ist wirklich atemberaub­end“, sagt er. Ob er einmal in Norwegen bleibt oder zurück nach Deutschlan­d geht, lässt er offen, das hängt auch vom Leben nach dem Sport ab.

Felix Baldauf studiert an der Uni in Oslo Sportmanag­ement. „Ringen ist auch in Norwegen eine Randsport. Als Manager mit Ringer-Hintergrun­d könnte ich vielleicht den Unterschie­d machen, Sportler beraten, auf Sponsorens­uche gehen.“

Doch zunächst sei er in der Hauptsache Sportler, strebt die Qualifikat­ion für die Olympische­n Spiele in Tokio 2021 an. Dass er einmal Ringer werden würde, war zunächst gar nicht abzusehen. In seiner Geburtssta­dt Köthen war er zum Turnen gegangen, doch zeichmen nete sich früh ab, dass er einmal zu groß werden würde, um Riesenfelg­en am Barren zu drehen. In Kristiansu­nd stand die Ringerhall­e neben dem Turnzentru­m, „da hab‘ ich mich mal auf der Matte versucht“. Eine harte Schule, nicht nur einmal wollte er hinschmeiß­en. Doch Erfolge stellten sich ein, da fällt es leichter, dran zu bleiben. Die Goldmedail­le bei der Junioren-EM war der erste internatio­nale Erfolg, der EM-Titel 2017 und EM-Bronze 2019 folgten. In der Corona-Krise musste auch er mit dem Mattentrai­ning aussetzen, freut sich, dass es am Ringer-Stützpunkt in Oslo bald wieder losgeht mit dem speziellen Training. Zunächst dürfen die Kaderathle­ten ran, zu zweit, und diese Beiden müssen dann auch zusamwohne­n, in einer Art RingerWG leben. Doch Hauptsache es geht wieder los mit dem Griffe ziehen. Ringen ist seine Leidenscha­ft, das sieht man auf den ersten Blick.

Als er im Urlaub auf Kreta weilte und ein Bild antiker Ringkämpfe­r sah, da wusste er, dass muss ich mir stechen lassen. Seitdem zieren die zwei Athleten seinen Bizeps. „Ja, die Tattoos sind meine zweite Leidenscha­ft. Da kommt noch was“, sagt er und lacht. In der kommenden Bundesliga­saison können die Greizer zuschauen, wie der Schwergewi­chtler die Muskeln spielen lässt. Felix Baldauf ist Athlet durch und durch, doch bevorzugt er das technische Ringen. Ausheber und Würfe über den Rücken wie den Armdrehsch­wung setzt er immer wieder mit Erfolg ein, „wenn es Gegner und Kampfsitua­tion zulassen“.

Dass es im Mannschaft­sringen auch einmal auf ein 1:0 ankommt, weiß er aus seiner Bundesliga­zeit in Luckenwald­e und Weingarten. Darauf ist er eingestell­t. In seiner WahlHeimat wird der Fokus auf den griechisch-römischen Stil gelegt. Es gebe zwar auch Freistil-Meistersch­aften, aber mit sehr überschaub­arem Starterfel­d. Dass er beim RSV Rotation Greiz unterschri­eben hat, liege an dem guten Ruf der Ringer, des Vereins und sei vor allem auch dem Umstand geschuldet, dass in der Halle die Post abgeht.

„Das hat sich herum gesprochen, dass die Fans ihre Ringer leidenscha­ftlich anfeuern.“Felix Baldauf freut sich auf die Bundesliga­duelle in der Sporthalle an der Eisbahn, ist neugierig auf die Stadt, auf die Menschen. „So weit weg von Köthen ist Greiz nun auch wieder nicht, da könnte meine Familie, Freunde und Bekannte mit zum Bundesliga­ringen kommen, uns mit anfeuern.“Und falls er noch ein Motiv für ein Tattoo sucht: „Das Obere Schloss in Greiz ist ein Blickfang.“Als Felix Baldauf das hört, lacht er und meint: „Wir werden sehen. Aber erst einmal will ich den einen oder anderen Armdrehsch­wung landen.“

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FOTO: BILDBRYÄN Felix Baldauf, Europameis­ter 2017

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