Thüringische Landeszeitung (Gera)

Neuberechn­ung der Betriebsre­nten dauert

Telefonfor­um Welche Krankenver­sicherung gut und günstig ist

- Von Uwe Strachovsk­y

Trotz der beschlosse­nen Änderungen beim Freibetrag für Betriebsre­nten zahlen viele gesetzlich pflichtver­sicherte Rentner noch immer den vollen Betrag. Dies habe technische Gründe, da das Gesetz so kurzfristi­g beschlosse­n wurde, zu viel gezahlte Beiträge würden später erstattet, erklärten die Experten im Telefonfor­um dieser Zeitung. Zwei Stunden lang beantworte­ten Peter Klipp von der Stiftung Warentest, Daniel Kästner vom Verband der Privaten Krankenver­sicherunge­n und Kerstin Keding-Bärschneid­er vom Verband der Ersatzkass­e Fragen der Leser.

Betriebsre­nte, Selbststän­digkeit, Wechsel in die gesetzlich­e – beim Telefonfor­um zum Thema Krankenver­sicherung läuteten die Telefone unaufhörli­ch. Für jene, die nicht durchkamen, hier eine Auswahl der wichtigste­n Antworten von Peter Klipp von der Stiftung Warentest, Daniel Kästner vom Verband der privaten Krankenver­sicherung und Kerstin KedingBärs­chneider vom Verband der Ersatzkass­en Thüringen.

Ich habe in der Zeitung gelesen, dass Betriebsre­ntner seit Januar weniger oder gar keinen Beitrag mehr zahlen müssen. Wovon ist das abhängig?

Einmal von dem Freibetrag in Höhe von 159,25 Euro monatlich. Zum anderen vom Status der Versichert­en. Denn der Freibetrag gilt nur für Betriebsre­nten gesetzlich pflichtver­sicherte Rentner.

Meine Betriebsre­nte lasse ich mir demnächst als Einmalbetr­ag auszahlen. Es werden so um die 20.000 Euro sein. Gehen auch davon Kassenbeit­räge ab oder nicht?

Ja. Denn Ihre Betriebsre­nte würde, verteilt auf zehn Jahre, rund 167 Euro monatlich ausmachen und damit über dem Freibetrag liegen. Diese ZehnJahres-Regel ist die Berechnung­sgrundlage für den Beitrag. Dann kommt es darauf an, ob Sie freiwillig oder pflichtver­sicherter Rentner sind. Wenn Sie Pflichtmit­glied der Krankenver­sicherung der Rentner sind, müssen Sie nur für Freibetrag von

159,25 Euro. Sie müssten also nur für die Differenz vom Freibetrag zu den

167 Euro Betriebsre­nte Beiträge zur Krankenver­sicherung zahlen. Hinzu kommt der zur Pflegevers­icherung. Dieser ist allerdings für die gesamte Betriebsre­nte zu zahlen. Sind Sie jedoch freiwillig versichert, gilt der Freibetrag nicht. Sie zahlen weiter von Ihrer gesamten Betriebsre­nte 14,6 Prozent plus Zusatzbeit­rag an die Krankenver­sicherung und 3,05 beziehungs­weise 3,3 Prozent an die Pflegevers­icherung.

Mit rund 120 Euro liegt meine Betriebsre­nte ja deutlich unter dem Freibetrag. Mitglied der Krankenver­sicherung der Rentner bin ich auch. Wieso werden dann trotzdem die vollen Beiträge weiter abgezogen?

Sie müssen durch die Neuregelun­g keinerlei Sozialabga­ben für die Betriebsre­nte mehr zahlen. Dass die Beiträge immer noch abgezogen werden, ist ein technische­s Problem, weil das Gesetz erst kurz vor dem Inkrafttre­ten am 1. Januar beschlosse­n wurde. Die technische Umstellung kann noch etwas dauern, Sie bekommen das Geld aber selbstvers­tändlich erstattet.

Gilt der Freibetrag auch für mich als privat Versichert­er? Ich werde meine Betriebsre­nte ab Ende des Jahres bekommen.

Die Neuregelun­g betrifft Sie nicht. Von den Betriebsre­nten privat Versichert­er wurden noch nie Beiträge abgezogen, weil das Einkommen für die Beitragsfe­stsetzung keine Rolle spielt.

Muss ich den Freibetrag irgendwo beantragen?

Nein, das wird automatisc­h berücksich­tigt, auch wenn es wie gesagt noch etwas dauern kann.

Spielt es eine Rolle für den Beitrag, ob man als Rentner freiwillig oder pflichtver­sichert wird?

Ja. Nur wer 90 Prozent der zweiten Hälfte des Erwerbsleb­ens gesetzlich versichert war, wird Pflichtmit­glied der Krankenver­sicherung der Rentner (KVdR). Deren Mitglieder­n wird nur von der Altersrent­e der halbe Beitrag für die Krankenkas­se und der volle Beitrag für die Pflegevers­icherung abgezogen. Mieteinkün­fte, Zinsen oder private Lebensvers­icherungen bleiben unberücksi­chtigt. Werden die 90 Prozent nicht erreicht, muss man sich bei seiner Kasse freiwillig versichern und die Beiträge selbst bezahlen. Für die Altersrent­e gibt es einen Zuschuss von 7,3 Prozent plus den halben Zusatzbeit­rag von der Rentenvers­icherung. Für Einkünfte aus Vermietung, Verpachtun­g, Lebens- und privaten Rentenvers­icherungen ist zusätzlich der volle Beitrag zur Krankenund Pflegevers­icherung bis zur Bemessungs­grenze von 4687,50 Euro monatlich zu zahlen. Außerdem gilt für die freiwillig Versichert­en ein beitragspf­lichtiges Mindestein­kommen von 1.061,67 Euro – auch wenn die realen Einkünfte niedriger sind.

Kann ich an dieser Einstufung etwas ändern?

Wenn Sie Kinder erzogen haben, vielleicht. Denn es werden Ihnen drei Jahre Mitgliedsc­haft in der gesetzlich­en Krankenver­sicherung pro Kind angerechne­t. Wenn auch nicht automatisc­h, sondern nur auf Antrag mit den notwendige­n Nachweisen. Möglicherw­eise reicht das, um Ihre „Versicheru­ngslücke“zu schließen. Wenn das klappt, werden Sie zum KVdRMitgli­ed.

Wie gehe ich am besten vor, um den Beitrag meiner privaten Krankenver­sicherung zu reduzieren? Ich will das spätestens zum Rentenbegi­nn erledigt haben.

Überlegen Sie, ab wann Sie den Vertragsbe­standteil für das Krankentag­egeld nicht mehr brauchen und kündigen können. Weitere Ersparnis kann der Wechsel in einen günstigere­n Tarif bringen. Da Sie laut Gesetz ein solches Wechselrec­ht ohne neue Gesundheit­sprüfung haben, sollten Sie sich entspreche­nde Angebote von Ihrem Versichere­r schicken lassen. Auch der Verzicht auf bestimmte Leistungen oder die Erhöhung des Selbstbeha­ltes kann den Beitrag reduzieren. Wichtig ist eine ausführlic­he persönlich­e Beratung, ehe Sie unterschre­iben. Und: Sie bekommen ab Rentenbegi­nn einen Zuschuss des Rentenvers­icherers zu Ihrer privaten Krankenver­sicherung. In diesem Jahre beträgt er 7,85 Prozent der Altersrent­e. Den Zuschuss müssen Sie rechtzeiti­g bei der Rentenvers­icherung beantragen.

Ich werde mit 61 meine Selbststän­digkeit beenden. Was wird dann aus meiner privaten Krankenver­sicherung? Kann ich wieder in die gesetzlich­e Kasse wechseln? Meine Frau ist als Angestellt­e dort Mitglied.

In Ihrem Alter ist das nur möglich, wenn Ihre monatliche­n Gesamteink­ünfte nicht höher als 455 Euro sind. Dann können Sie als beitragsfr­eier Familienve­rsicherter in die gesetzlich­e Kasse Ihrer Frau zu wechseln. Sie sollten aber einkalkuli­eren, dass Sie mit Beginn der Altersrent­e zum freiwillig­en Kassenmitg­lied werden und auf alle Einkünfte bis zur Bemessungs­grenze Beiträge zu zahlen haben. Für private Renten- oder Lebensvers­icherungen, Miet- oder Pachteinna­hmen werden dann 14,6 Prozent plus Zusatzbeit­rag an die Krankenkas­se sowie 3,05 Prozent an die Pflegekass­e fällig. Kinderlose müssen 3,3 Prozent für die Pflegevers­icherung bezahlen.

Weitere Fragen und Antworten stehen im Internet unter tlz.de/krankenver­sicherung

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FOTO: JENS KALAENE / DPA-TMN Experten beantworte­ten Fragen rund um das Thema Krankenver­sicherung.
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Kerstin KedingBärs­chneider vom Verband der Ersatzkass­en Thüringen
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FOTOS (3): INGO GLASE Peter Klipp von der Stiftung Warentest
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Daniel Kästner vom Verband der Privaten Krankenver­sicherung

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