Thüringische Landeszeitung (Gera)
„Der Weg zur deutschen Einheit hat zunehmend Fahrt aufgenommen“
Vor 30 Jahren Gerry Kley rückt für die Liberalen in die Volkskammer nach. In Sachsen-Anhalt wird er später Gesundheits- und Sozialminister
Gerry Kley, Jahrgang 1960, ist gebürtiger Eisenacher. Nach dem Abitur an der dortigen Ernst-Abbe-Oberschule und seiner NVA-Zeit studiert er in Halle/Saale Biologie und ist zum Ende der DDR Aspirant am Fachbereich Genetik seiner Uni. Der Liberaldemokratischen Partei Deutschlands (LDPD) tritt er Anfang 1989 bei: „Ich war der Meinung, man muss etwas ändern.“Ein Jahr später ist Kley Volkskammermitglied für die LPD im Bezirk Halle/Saale, die zur Wahl zusammen mit FDP und Forumpartei als Bund freier Demokraten antritt.
Kley erinnert sich gut an die Zeit im Winter 1990 bei den Liberaldemokraten:
„Als es darum ging, die Listen aufzustellen, suchte man junge Personen, die keine dunkle Vergangenheit hatten“, nennt er als wichtiges Kriterium bei der Kandidatensuche. „Da ich durch erste Diskussionen in meiner Ortsgruppe aufgefallen war, meinte man, ich könnte doch antreten.“Gesagt – getan. Bei einer großen Veranstaltung wird abgestimmt, er erhält Platz 2 und wird auf der gemeinsamen Liste der freien Demokraten aufgenommen. 5,27 Prozent der Wähler setzen bei der ersten freien Wahl in der Noch-DDR auf den BFD, das macht 21 Mandate – zwei weitere kommen in der gemeinsamen Fraktion von NDPD-Kandidaten. Kley rückt nach – und zwar noch vor der ersten Sitzung, weil der Mediziner Bruno Menzel (1932 - 1996) aus Dessau sein Mandat zurückgibt, um sich verstärkt seinem Beruf und der Parteiarbeit zu widmen. Menzel wird im Dezember 1990 in den Bundestag gewählt und spielt bei der FDP bis Mitte der 1990er Jahre eine große Rolle.
Kley ist schnell klar, dass die Annahme des Mandats bedeutet, die wissenschaftliche Arbeit auf Eis zu legen. „Der Weg zur deutschen Einheit hat zunehmend Fahrt aufgenommen. Und dann haben wir fast jeden Tag bis ewig in der Nacht in Berlin getagt.“Die politische Arbeit sei „von allen mit Begeisterung und mit dem Herzen“gemacht worden. „Wir waren Amateure mit dem Ziel, die Situation in diesem Teil Deutschlands zu verbessern und dann natürlich den Weg zur deutschen Einheit einzuschlagen“. Schon „im späteren Frühjahr 1990 ist absehbar, dass die deutsche Einheit
ordentlich organisiert werden muss“, sagt Kley. Mit der nahenden Währungsunion wird deutlicher, dass „das Land einfach zusammengehört“. Wichtig ist aus seiner Sicht, Grundlagen und Übergangsmöglichkeiten für die Anpassungsprozesse zu schaffen… „Rechtlich gesehen ist das gut gelungen“, sagt er.
Kley gehört im Herbst 1990 zu den 144 Volkskammerabgeordneten, die bis Jahresende in den Bundestag delegiert werden. „Wir hatten ein paar Sitzungen in Bonn, aber parallel begann schon der Aufbau des Landes Sachsen-Anhalt“, sagt er. Kley macht seither das Auf und Ab seiner zur FDP zusammengeschlossenen Partei mit: Erst ist er Landtagsabgeordneter bis 1994, betreibt dann – als die Liberalen nicht mehr im Landtag vertreten sind – mit einem Kollegen eine Firma; 2002 kehrt die FDP in den Landtag zurück und Kley ist während der schwarz-gelben Koalition von 2002 bis 2006 Minister für Gesundheit und Soziales. Danach ist er wieder Chef in der Firma, die er selbst aufgebaut hat: ein biologisches Ingenieurbüro, wie er sagt. Kley ist als Minister a.D. zugleich noch FDPLandtagsabgeordneter. Bei der Wahl 2011 erreicht die FDP nur 3,8 Prozent, 2016 verfehlt sie mit 4,9 Prozent den Einzug in den Landtag denkbar knapp. Bei den gegenwärtigen Wahlergebnissen der FDP stelle sich die Frage einer Rückkehr in die Politik nicht, sagt Kley.
„Politische Arbeit wurde von allen mit Begeisterung und mit dem Herzen gemacht“Gerry Kley 1990 für die LDP im Bezirk Halle als Nachrücker in der Volkskammer; 2002 bis 2006 ist er für die FDP Minister in Sachsen-Anhalt