Thüringische Landeszeitung (Gera)
Ringen um mehr Platz für Schweine
Bundesrat will Zeiten im Stall verkürzen
Schweine müssen viel ertragen. Schon bei der Aufzucht stehen die Sauen in engen Gitterboxen. Sie können sich dort weder umdrehen noch ihre Gliedmaßen ausstrecken. Diese Kastenstand-Haltung ist nicht nur aus Sicht von Tierschützern eine Quälerei, auch das Bundesverwaltungsgericht hatte diese Praxis 2016 als illegal verurteilt. Wegen des Urteils muss nun die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geändert werden.
Wie Schweine in Zukunft gehalten werden sollen, darüber will am Freitag der Bundesrat entscheiden. So soll die Kastenhaltung im Abferkelbereich, wo die Sauen ihren Nachwuchs werfen, künftig höchstens fünf statt bisher 35 Tage betragen, im Deckzentrum, wo sie künstlich besamt werden, sollen nur noch acht Tage statt vier Wochen erlaubt sein. Zudem sollen die Kästen künftig mindestens 2,20 Meter lang und
65 bis 85 Zentimeter breit sein, damit die Schweine genügend Platz zum Aufstehen, Hinlegen und Ausstrecken haben. Die Abferkelbucht soll 6,5 Quadratmeter groß sein.
Während Tierschützer die Kastenhaltung grundsätzlich ablehnen und mehr Freilauf fordern, steht auch die lange Übergangsfrist für die Umstellung in der Kritik. So sollen Schweinebauern bis zu 15 Jahre Zeit bekommen, ihre Ställe umzurüsten. Und selbst die Grünen, die in vielen Landesregierungen sitzen, sind offenbar bereit, eine achtjährige Übergangsfrist zu tolerieren.
Für die Verbraucherorganisation Foodwatch ist die Haltung der Grünen ein Skandal: „Wer den Schutz von Umwelt, Menschen und Tieren programmatisch so hoch hängt wie die Grünen, kann und darf Regelungen nicht zustimmen, die es erlauben, wehrlose Tiere für viele weitere Jahre in enge Zwangskorsetts aus Eisenstangen zu sperren“, kritisiert Foodwatch-Strategiedirektor Matthias Wolfschmidt.
Der Bauernverband sieht wiederum bei einer Neuregelung die Existenz von mehr als 4000 kleineren Schweinehaltern in Gefahr. Pro Tier koste die Umrüstung etwa
2000 Euro – dies sind bei 2,6 Millionen Schweinen mehr als 4 Milliarden Euro, so der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Bernhard Krüsken.