Thüringische Landeszeitung (Gera)

Reisewilli­ge brauchen weiter Geduld

Reisebüros erleben nach der angekündig­ten Aufhebung der Reisewarnu­ng keinen Ansturm

- Von Sylvia Eigenrauch und Marcel Hilbert

„Da müssen wir Geduld haben“, sagt Silke Punthöler-Aydin am Telefon zu einem Kunden. Es ist ein Satz, den die Inhaberin des Reisebüros Air Voyage in Gera seit Wochen auf den Lippen hat. Auch nach der Ankündigun­g, dass die Reisewarnu­ng ab 15. Juni für EU-Staaten, für Großbritan­nien sowie für Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenst­ein aufgehoben wird, ist das nicht anders. Überrannt werde sie in ihrem Büro in der Geraer Innenstadt deshalb nicht, sagt sie. Viele Umbuchunge­n und Rückabwick­lungen bestimmen den Alltag. Seit 27. April sind sie und ihre beiden Mitarbeite­r wieder am Arbeitspla­tz erreichbar. Dahinter steckt die Hoffnung, noch einiges zu retten. Bei manchen Schiffsrei­sen sei das gelungen, die für 2021 umgebucht wurden. Trotzdem reicht das nicht.

Provisione­n werden erst mit der Abreise gezahlt

Für die Monate März bis Juni spricht sie von einem Totalausfa­ll beim Umsatz. Denn die Provisione­n werden erst mit der Abreise der Kunden gezahlt. Seit Ende Mai habe sie kleine, neue Buchungen abschließe­n können. Für Kurzreisen nach Regensburg, an den Bodensee oder die Ostsee beispielsw­eise. „Doch das ist nicht unser Hauptgesch­äft. Davon können wir nicht überleben“, sagt die Spezialist­in für Flugreisen, Kreuzfahrt­en und eigene Gruppenrei­sen. Dass sie es trotzdem schaffen kann, hat sie ihre Rentenvers­icherung gekündigt und zwei Demonstrat­ionen in Gera organisier­t, um auf die dramatisch­e wirtschaft­liche Lage von Reisebüros und Reiseveran­staltern aufmerksam zu machen.

Dass es was gebracht hat, denkt sie schon. Nach der Sitzung des Bundeskabi­netts diese Woche seien erstmals auch Reisebüros als Hilfeempfä­nger benannt worden. Die Geraerin rechnet damit, dass etwa noch einmal soviel wie die Soforthilf­e von 9000 Euro, die sie neun Wochen nach Antragstel­lung bekam, für Betriebsko­sten an Unternehme­n ihrer Größe gezahlt werden könnten. Zumindest schließe sie das aus der Kommunikat­ion auf der bundesweit­en Demoseite der rund 8000 Touristike­r.

Vorerst weiter per Mail und Telefon sind die drei Standorte von Tri Tours in Gera erreichbar. „Wir warten auf Informatio­nen und müssen den Veranstalt­ern dafür noch Zeit geben“, sagt Reiseverke­hrskauffra­u Bettina Kriester, die wie viele ihrer Kollegen den Schreibtis­ch voll liegen hat mit Stornierun­gen.

Vor allem Ziele mit Eigenanrei­se derzeit gefragt

Große Rückkopplu­ng habe es auch in ihrem Reisebüro nach der angekündig­ten Aufhebung von coronabedi­ngten Reisewarnu­ngen zunächst nicht gegeben, sagt Sissy Fischer vom Weidaer Reisebüro am Markt. Die erwartet sie zunächst aber auch nicht. „Es gab und gibt Leute, die wollen in den Urlaub fahren und andere, die wollen das nicht, da ändert die Aufhebung der Reisewarnu­ng erstmal nichts daran“, sagt sie. Natürlich müsse man vor allem schauen, welche Regeln in den Zielländer­n gelten und auch, wie beispielsw­eise der Luftverkeh­r wieder anläuft. Dass das alles im Juni bereits wieder rund läuft, daran zweifelt sie. Wenn sie überhaupt einen Trend bei ihrer Kundschaft ausmachen kann, dann den, Ziele mit Eigenanrei­se anzusteuer­n, sowohl in Deutschlan­d als auch im benachbart­en Ausland. „Die sind zumindest am wenigsten abgesagt worden.“Was neue Buchungen angeht, so sei die Stimmung noch immer verhalten, seien viele Menschen im „Abwartemod­us“. Zumindest gebe es derzeit bei vielen Veranstalt­ern die Möglichkei­t, bis zwei Wochen vor Reisebegin­n kostenfrei zu stornieren.

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FOTO: SYLVIA EIGENRAUCH Silke Punthöler-Aydin steht in der auch während der Beratung geöffneten Tür ihres Reisebüros in Gera. Wirklich Andrang gibt es nicht.

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