Thüringische Landeszeitung (Gera)

Jeder vierte Deutsche gegen Impfung

Umfrage in den G7-Ländern: Nur die Franzosen sind noch impfmüder beim Coronaviru­s als die Deutschen. Vorbehalte gibt es auch gegenüber der Warn-App

- Von Michael Backfisch

Die Corona-Krise hat auch die G7-Länder, die größten westlichen Industrien­ationen, schwer gebeutelt. Weltweit auf Platz eins liegen die USA, wo bis Freitag mehr als 1,87 Millionen Infektione­n registrier­t wurden. Dahinter folgen mit Abstand Großbritan­nien, Italien, Frankreich, Deutschlan­d, Kanada und Japan. Beim Stimmungsb­arometer sind die Deutschen hingegen ganz vorn. Sie machen sich am wenigsten Sorgen um Gesundheit und Einkommen, wie das Meinungsfo­rschungsin­stitut Kantar in einer repräsenta­tiven Befragung ermittelt hat, die unserer Redaktion vorliegt.

Wie viele Deutsche würden sich gegen das Coronaviru­s impfen lassen?

Mehr als 70 Firmen rund um den Globus haben sich in einen Wettlauf um den Impfstoff begeben. Viele Menschen hoffen, dass er schon Anfang 2021 vorliegt und verlässlic­hen Schutz gegen Covid-19 bietet. Doch in Deutschlan­d bezeichnen es nur 67 Prozent der Bürger als „sicher“oder „wahrschein­lich“, dass sie sich gegen Sars-CoV-2 impfen lassen. Das ist die zweitniedr­igste Zahl innerhalb der G7-Länder. Nur Frankreich mit 58 Prozent liegt noch darunter. Die größten Impffreund­e sind die Briten (78 Prozent) vor den Italienern (74 Prozent). Die Bundesregi­erung hat mehrfach betont, dass sie eine Schutzimpf­ung nicht zur Pflicht machen würde.

Ein knallharte­s Nein zur Impfung kommt von zwölf Prozent der Deutschen. In keinem anderen G7-Land gibt es so viele Verweigere­r. „Hier schlägt die relativ hohe Zahl an Impfgegner­n durch, was sich zum Beispiel auch im Fall von Masern beobachten lässt“, sagt der Politikfor­scher Torsten Schneider-Haase von Kantar unserer Redaktion. Genauso zurückhalt­end sind die Deutschen bei der Impfung ihrer Kinder. Lediglich 64 Prozent wollen ihre Töchter oder Söhne gegen das neue Coronaviru­s impfen lassen.

Wie viele Bundesbürg­er würden eine Corona-App nutzen?

Wie bei der Impfung sind etliche

Deutsche auch bei der Corona-App eher skeptisch. 53 Prozent würden eine sogenannte Tracing-App „sehr wahrschein­lich“oder „ziemlich wahrschein­lich“nutzen, wenn sie verfügbar wäre. Die meisten Befürworte­r befinden sich in Großbritan­nien (63 Prozent) und Italien (58 Prozent). Am Ende der Skala stehen Frankreich und Japan.

Die Apps sind jedoch kaum vergleichb­ar, da fast jedes G7-Land ein anderes System hat. In Deutschlan­d verzögert sich die Einführung der App seit Wochen. Bei der Kritik steht in allen G7-Ländern die Sorge vor dem Schutz privater Daten im Vordergrun­d. Zudem gibt es Zweifel an der Effektivit­ät einer App.

Wer macht sich wie viel Sorgen wegen der Corona-Krise?

Relativ betrachtet ist Deutschlan­d das Land der Sorglosen. Nur 65 Prozent befürchten, dass das Virus die Gesundheit der Landsleute beeinträch­tigen könnte – der niedrigste Wert unter den G7-Ländern. Am meisten Angst haben die Japaner (86 Prozent) vor den Kanadiern (85 Prozent) und den Italienern (84 Prozent). Ein ähnliches Bild zeichnet sich ab, wenn es um die Gesundheit von Freunden und Familienmi­tgliedern sowie um das eigene Wohlbefind­en geht. Die Bundesbürg­er sind hier am gelassenst­en. Am meisten Nervosität herrscht bei Japanern, Briten und Italienern.

„Die relative Sorglosigk­eit der Deutschen hat zum einen damit zu tun, dass die Corona-Infektions­zahlen

hierzuland­e wesentlich niedriger liegen als in den USA, Großbritan­nien, Italien oder Frankreich“, erklärt Torsten Schneider-Haase. Außerdem sei der Lockdown in Deutschlan­d nicht so hart gewesen.

Wer befürchtet Einschnitt­e beim Einkommen?

Auch in wirtschaft­licher Hinsicht rechnen die Deutschen nicht mit dem Schlimmste­n. 57 Prozent geben an, dass die Corona-Krise Auswirkung­en auf ihr Gehalt hatte oder vermutlich haben wird. In allen anderen G7-Ländern ist der (erwartete) Einkommens­verlust größer. An der Spitze stehen die Italiener (80 Prozent) vor den Amerikaner­n und Kanadiern (jeweils 69 Prozent). 43 Prozent der Bundesbürg­er geben an, dass die Corona-Krise keine negativen Konsequenz­en für ihr Gehalt haben werde – Spitzenwer­t.

Eine der Erklärunge­n für diese Daten dürfte die Abfederung gegen die Krise in Deutschlan­d sein. Die staatliche­n Corona-Hilfen in Höhe von rund 1,3 Billionen Euro sind gemessen an der Bevölkerun­gszahl das weltweit üppigste Paket. Die umfangreic­he Kurzarbeit­erregelung sorgt zudem dafür, dass die Arbeitslos­enrate mit 6,1 Prozent relativ gering bleibt. Zum Vergleich: Die offizielle Quote in den USA liegt bei rund 15 Prozent. Auch das von der Bundesregi­erung verabschie­dete Konjunktur­programm über 130 Milliarden Euro dämpft die Gefahr einer Rezession – und damit die Sorgen der Bevölkerun­g.

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FOTO: MANIT CHAIDEE / ISTOCK Nur 67 Prozent der Deutschen wollen sich „sicher“oder „wahrschein­lich“gegen das neue Coronaviru­s impfen lassen.

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