Thüringische Landeszeitung (Gera)
Jeder vierte Deutsche gegen Impfung
Umfrage in den G7-Ländern: Nur die Franzosen sind noch impfmüder beim Coronavirus als die Deutschen. Vorbehalte gibt es auch gegenüber der Warn-App
Die Corona-Krise hat auch die G7-Länder, die größten westlichen Industrienationen, schwer gebeutelt. Weltweit auf Platz eins liegen die USA, wo bis Freitag mehr als 1,87 Millionen Infektionen registriert wurden. Dahinter folgen mit Abstand Großbritannien, Italien, Frankreich, Deutschland, Kanada und Japan. Beim Stimmungsbarometer sind die Deutschen hingegen ganz vorn. Sie machen sich am wenigsten Sorgen um Gesundheit und Einkommen, wie das Meinungsforschungsinstitut Kantar in einer repräsentativen Befragung ermittelt hat, die unserer Redaktion vorliegt.
Wie viele Deutsche würden sich gegen das Coronavirus impfen lassen?
Mehr als 70 Firmen rund um den Globus haben sich in einen Wettlauf um den Impfstoff begeben. Viele Menschen hoffen, dass er schon Anfang 2021 vorliegt und verlässlichen Schutz gegen Covid-19 bietet. Doch in Deutschland bezeichnen es nur 67 Prozent der Bürger als „sicher“oder „wahrscheinlich“, dass sie sich gegen Sars-CoV-2 impfen lassen. Das ist die zweitniedrigste Zahl innerhalb der G7-Länder. Nur Frankreich mit 58 Prozent liegt noch darunter. Die größten Impffreunde sind die Briten (78 Prozent) vor den Italienern (74 Prozent). Die Bundesregierung hat mehrfach betont, dass sie eine Schutzimpfung nicht zur Pflicht machen würde.
Ein knallhartes Nein zur Impfung kommt von zwölf Prozent der Deutschen. In keinem anderen G7-Land gibt es so viele Verweigerer. „Hier schlägt die relativ hohe Zahl an Impfgegnern durch, was sich zum Beispiel auch im Fall von Masern beobachten lässt“, sagt der Politikforscher Torsten Schneider-Haase von Kantar unserer Redaktion. Genauso zurückhaltend sind die Deutschen bei der Impfung ihrer Kinder. Lediglich 64 Prozent wollen ihre Töchter oder Söhne gegen das neue Coronavirus impfen lassen.
Wie viele Bundesbürger würden eine Corona-App nutzen?
Wie bei der Impfung sind etliche
Deutsche auch bei der Corona-App eher skeptisch. 53 Prozent würden eine sogenannte Tracing-App „sehr wahrscheinlich“oder „ziemlich wahrscheinlich“nutzen, wenn sie verfügbar wäre. Die meisten Befürworter befinden sich in Großbritannien (63 Prozent) und Italien (58 Prozent). Am Ende der Skala stehen Frankreich und Japan.
Die Apps sind jedoch kaum vergleichbar, da fast jedes G7-Land ein anderes System hat. In Deutschland verzögert sich die Einführung der App seit Wochen. Bei der Kritik steht in allen G7-Ländern die Sorge vor dem Schutz privater Daten im Vordergrund. Zudem gibt es Zweifel an der Effektivität einer App.
Wer macht sich wie viel Sorgen wegen der Corona-Krise?
Relativ betrachtet ist Deutschland das Land der Sorglosen. Nur 65 Prozent befürchten, dass das Virus die Gesundheit der Landsleute beeinträchtigen könnte – der niedrigste Wert unter den G7-Ländern. Am meisten Angst haben die Japaner (86 Prozent) vor den Kanadiern (85 Prozent) und den Italienern (84 Prozent). Ein ähnliches Bild zeichnet sich ab, wenn es um die Gesundheit von Freunden und Familienmitgliedern sowie um das eigene Wohlbefinden geht. Die Bundesbürger sind hier am gelassensten. Am meisten Nervosität herrscht bei Japanern, Briten und Italienern.
„Die relative Sorglosigkeit der Deutschen hat zum einen damit zu tun, dass die Corona-Infektionszahlen
hierzulande wesentlich niedriger liegen als in den USA, Großbritannien, Italien oder Frankreich“, erklärt Torsten Schneider-Haase. Außerdem sei der Lockdown in Deutschland nicht so hart gewesen.
Wer befürchtet Einschnitte beim Einkommen?
Auch in wirtschaftlicher Hinsicht rechnen die Deutschen nicht mit dem Schlimmsten. 57 Prozent geben an, dass die Corona-Krise Auswirkungen auf ihr Gehalt hatte oder vermutlich haben wird. In allen anderen G7-Ländern ist der (erwartete) Einkommensverlust größer. An der Spitze stehen die Italiener (80 Prozent) vor den Amerikanern und Kanadiern (jeweils 69 Prozent). 43 Prozent der Bundesbürger geben an, dass die Corona-Krise keine negativen Konsequenzen für ihr Gehalt haben werde – Spitzenwert.
Eine der Erklärungen für diese Daten dürfte die Abfederung gegen die Krise in Deutschland sein. Die staatlichen Corona-Hilfen in Höhe von rund 1,3 Billionen Euro sind gemessen an der Bevölkerungszahl das weltweit üppigste Paket. Die umfangreiche Kurzarbeiterregelung sorgt zudem dafür, dass die Arbeitslosenrate mit 6,1 Prozent relativ gering bleibt. Zum Vergleich: Die offizielle Quote in den USA liegt bei rund 15 Prozent. Auch das von der Bundesregierung verabschiedete Konjunkturprogramm über 130 Milliarden Euro dämpft die Gefahr einer Rezession – und damit die Sorgen der Bevölkerung.