Thüringische Landeszeitung (Gera)

Abschieds-Blues

Der Abgang von Timo Werner, des besten deutschen Fußballstü­rmers, trifft RB Leipzig hart

- Von Martin Henkel

Im schweizeri­schen Biel wächst die Zuversicht, das traditione­lle Festival mit seinen zahlreiche­n Wettbewerb­en ab Mitte Juli durchführe­n zu können. Die Vorbereitu­ngen laufen auf Hochtouren. Statt der beiden Open etwa ist ein „CoronaHaup­tturnier“geplant, bei dem jeder Spieler ein Brett mit eigenen Figuren vor sich hat und versetzt zum Gegenüber sitzt. Während das reale Schach also noch Geduld braucht, liefert sich die Elite derweil rasante Schlachten im Internet – wie jüngst bei der Lindores Abbey Rapid Challenge. In folgender Stellung der Armageddon­partie setzte Weiß zum entscheide­nden Schlag an. Wie?

Er hat es getan: Timo Werner hat sich nach eineinhalb Jahren Hin und Her, Gerüchten und Spekulatio­nen entschiede­n, für wen er die kommenden Jahre spielen will. RB Leipzig, sein aktueller Arbeitgebe­r, ist es nicht. Der FC Bayern ebenfalls nicht. Liverpool? Auch die Reds lässt Werner links liegen. Er geht: zum FC Chelsea.

Was für eine Überraschu­ng! Seit Wochen galten die Reds als Favorit auf einen Wechsel des 24-Jährigen. Trainer Jürgen Klopp wollte, Werner angeblich auch, beide sollen Ostern über Aussichten gesprochen haben. Der Transfer hatte schließlic­h seine Tücken. Die Ausstiegsk­lausel aus dem bis 2023 laufenden Vertrag ist mit 55 Millionen Euro nicht ohne. Genauso wenig wie Liverpools Sturm. Die Frage stand also, ob überhaupt ein Stammplatz frei ist an der Seite von Mo Salah, Roberto Firmino und Sadio Mané.

Offensicht­lich nicht. Nicht sofort jedenfalls. Dass einer der drei den Champions-League-Sieger verlässt, ist nicht geplant. Vor allem aber liegt es wohl am Geld, dass Liverpool die Klausel bis zum 15. Juni nicht zieht. Die Corona-Pause reißt beim englischen Tabellenfü­hrer dem Vernehmen nach ein Finanzloch von 110 Millionen Euro. Ein Transfer in der Größenordn­ung von 50 Millionen Euro plus sei somit ausgeschlo­ssen.

Chelsea also. Zwar tauchten die „Blues“immer mal wieder in der Gerüchtekü­che auf. Blieben aber nie lange. Die Stamford Bridge ist nicht mehr die allerbeste Adresse im englischen Fußball. Der letzte Titel des sechsfache­n Champions liegt drei Jahre zurück, aktuell ist Chelsea Vierter. Vor der CoronaPaus­e setzte es daheim ein 0:3 im des Champions-LeagueAcht­elfinales gegen den FC Bayern.

Offenbar aber können Trainer Frank Lampard und Clubbesitz­er

Roman Abramowits­ch Werner drei Wünsche erfüllen: einen Stammplatz im Sturm, ein Gehalt von angeblich zehn Millionen Euro im

Jahr sowie einen schön langen Vertrag bis 2025. Und mit Nationalma­nnschaftsk­ollege Antonio Rüdiger ist zudem auch noch einer aus der alten Stuttgarte­r Zeit vor Ort.

Um RB den Wechsel schonend beizubring­en, soll Berater Karlheinz Förster deshalb am Donnerstag in Leipzig gewesen sein, obwohl am Cottaweg niemand wirklich überrascht sein dürfte, dass der mit Abstand beste Scorer der Clubgeschi­chte nach vier Jahren seinen Spind leerräumt. Seit vorigem Frühjahr liegen die Pläne für einen Abschied auf dem Tisch von Geschäftsf­ührer Oliver Mintzlaff. Der Clubchef plagt sich mit einer Unwucht in der Transferbi­lanz von gut 130 Millionen Euro herum und hat einen Kracher-Abgang in diesem Sommer fest eingepreis­t.

Herb ist der Verlust trotzdem. Werner, für dessen Nachfolge der Bremer Milot Rashica im Gespräch ist, kam 2016 für zehn Millionen Euro von Absteiger VfB Stuttgart nach Leipzig, wo er sich zum besten deutschen Stürmer der Bundesliga und zum Nationalsp­ieler entwickelt­e. In der Vereinschr­onik hat Werner einen Ehrenplatz sicher: 92 Tore hat er in 154 Pflichtspi­elen für die Sachsen geschossen, 39 aufgelegt.

Vor allem Julian Nagelsmann trifft der Abgang hart. Der 32-Jährige hat Werner in dieser Saison auf ein neues Niveau gehoben. Der dankte es ihm bis dato mit 31 Pflichtspi­eltoren und zwölf Vorlagen. „Er hat eine außergewöh­nliche Qualität, die uns sehr fehlen würde“, sagte der Leipziger Trainer kürzlich, als er noch die Hoffnung hatte, seinen Schlüssels­pieler ein weiteres Jahr halten zu können. „Das wäre eine große Lücke. Genauso, als wenn bei den Bayern Robert Lewandowsk­i wegbräche.”

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FOTO: DPA Blick zurück: In Leipzig reifte Timo Werner zum Nationalsp­ieler.
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Dubov – Nakamura Rapid Challenge, Weiß am Zug

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