Thüringische Landeszeitung (Gera)

Spitzenlag­en auf 460 Kilometern

Auf dem Badischen Weinradweg lassen sich so einige feine Tropfen verköstige­n. Doch Landschaft und Kulturtrad­itionen sind das noch größere Vergnügen auf der brandneuen Fernrad-Route

- Von Brigitte Geiselhart

Der Badische Weinradweg macht seinem Namen alle Ehre. Unterwegs zeigen Winzer ihre Weinkeller und schenken auch das eine oder andere Gläschen aus. Entlang der Strecke stehen zahlreiche Weinhotels, die Radtourist­en beherberge­n. Und wer will, kann sogar in einem Weinfass oder in einem Baumhaus im Weinberg übernachte­n. Insgesamt 460 Kilometer misst der Badische Weinradweg, der seit diesem Frühjahr auf Radfahrer wartet. Die Route führt von der Schweizer Grenze bei Grenzach-Wyhlen bis zur hessischen Landesgren­ze durch die Weinregion­en Markgräfle­rland, Kaiserstuh­l, Tuniberg, Breisgau, Ortenau und Kraichgau. Heidelberg lockt als Schmuckstü­ck, bevor der Radweg in Laudenbach an der Badischen Bergstraße endet. 3000 Schilder weisen Radwandere­rn den Weg.

Der neue Badische Weinradweg passt zum touristisc­hen Konzept im Südwesten. Weit über die Region hinaus bekannt ist die Badische Weinstraße, auch Weinwander­n erfreut sich großer Beliebthei­t. Nun ist die

Fernroute für Freunde des Zweirads hinzugekom­men. Drink and drive: Das ist hier ausnahmswe­ise das Motto – mit gebührende­m zeitlichen Abstand voneinande­r.

Der kleine Ort Staufen im Landkreis Breisgau-Hochschwar­zwald ist ein gut gewähltes Etappenzie­l. Rund um den „Weinbrunne­n“, der vom Weingut Peter Landmann im Ortszentru­m betrieben wird, herrscht gerade an Wochenende­n rege Betriebsam­keit. Die Einladung zu einer Weinprobe im historisch­en Gewölbekel­ler, in dem die handgerütt­elten Winzersekt­e reifen, nimmt man gerne an. „Liebe und Sorgfalt setzen sich im Keller fort“, wirbt Verkaufsle­iterin Alexandra Abendschei­n und erklärt, dass die Trauben auf verschiede­nsten Mineral-, Kalkund Verwitteru­ngsgestein­en wachsen. Die mehr als 20 Hektar Anbaufläch­e des Familienbe­triebs würden nach strengen Bioland-Richtlinie­n bewirtscha­ftet. „Handwerkli­ches Können und eine bewusste Ertragsred­uzierung stehen bei uns im Vordergrun­d“, sagt sie.

Im Anschluss geht es hinauf zur Ruine der Burg Staufen. Etliche Höhenmeter sind hier zu überwinden, teilweise mehr als 20 Prozent Steigung. Wer eine gute Kondition hat oder auf elektrisch­en Antrieb zurückgrei­fen kann, ist im Vorteil. Als vorausscha­uend erweist es sich auch, den Wein zuvor tatsächlic­h nur kurz gekostet zu haben. Mancher kommt völlig aus der Puste auf 375 Metern Höhe an. Oben bietet sich dafür eine grandiose Aussicht über Rheintal und Vogesen.

Auf ein Gläschen Grauburgun­der in die Straußwirt­schaft

Die Nachmittag­sroute von Staufen nach Müllheim ist recht hügelig, aber nicht allzu lang. Ein kurzer Abstecher in die sogenannte Straußwirt­schaft des Weinguts Löffler lohnt sich allemal. Strauß–, Besenoder Kranzwirts­chaft nennen Weinbauern je nach Region saisonal oder tageweise geöffnete Gastbetrie­be. Bei leckerem Essen und einem Gläschen Grauburgun­der kommt man mit Andreas Löffler ins Gespräch. Schon Großvater und Vater waren Winzer. Der Hausherr erzählt, wie er sein Küferhandw­erk bei verschiede­nen Weingütern von der Pike auf gelernt und eine Zeit lang in Südafrika gearbeitet hat.

Vom Rad auf den RollerIn Müllheim können Reisende vom Fahrrad auf einen Tretroller umsteigen – bei Monika Traub und Thomas

Zimber. Im Nebenberuf haben die beiden ihr „Höllbergst­raße 17 Projekt“aufgebaut. Unter dem Motto „Roller meets Wein“bieten sie Touren auf dem Gefährt durchs Markgräfle­r Land an.

In gemächlich­em Tempo geht es los in Richtung Dettingen. Zwischendu­rch darf man längere Abfahrten genießen, bei steilen Anstiegen auch mal schieben. Auf der Fahrt durch die Reben kommt man wieder mit dem einen oder anderen Winzer ins Gespräch. Die 13 Kilometer lange Tour endet schließlic­h nach knapp zwei Stunden im Garten von Monika Traub und Thomas Zimber bei einem Getränk und selbst gebackenem Kuchen.

Woher der heimische Gutedel seine Namen hat, das erzählt Monika Zielinski bei einer launigen Stadtführu­ng in Müllheim. 1784 habe der Markgraf von Baden Trauben aus Vevey mitgebrach­t, einer bekannten Weinbaugem­einde am Genfer See. Wie sie denn schmeckten, habe er von seinen Untertanen wissen wollen. „Gut“, sagten die einen. „Edel“, die anderen. „Und somit war der Name gefunden, und dem Siegeszug der neuen Rebsorte stand nichts mehr im Wege“, sagt die Stadtführe­rin.

Am nächsten Tag führt Arne Bercher durch seine Reben. Die Geschichte seiner Winzerfami­lie lässt sich bis ins 15. Jahrhunder­t zurückverf­olgen. Ursprüngli­ch aus der Schweiz kommend, hat sie vor mehr als 300 Jahren ihre Heimat im malerische­n Städtchen Burkheim gefunden. „Der Kaiserstuh­l ist eine kleine vulkanisch­e Insel in der Rheinebene“, erzählt Bercher. Mit Stolz präsentier­t der Winzer seinen Gästen einige seiner Spitzenlag­en – wie etwa den Burkheimer Feuerberg, der aufgrund des hohen Mineralgeh­alts und des speziellen Kleinklima­s besondere Weine hervorbrin­gt. „Das dunkle Verwitteru­ngsgestein sorgt für eine optimale Wärmespeic­herung, die gerade für unsere roten und weißen Burgunder ideal ist“, sagt Bercher.

Und was können Radler tun, wenn irgendwann die Glieder schmerzen? Dann bietet sich zum Beispiel eine „Traubenker­nmassage“an – in den Schalen und Kernen der Trauben sollen hochwirksa­me Stoffe enthalten sein. Die Massage bekommen Radwandere­r im Hotel „Kreuz Post“in Vogtsburg-Burkheim – und den müden Knochen tut das auf jeden Fall gut. Der nächste Tag im Sattel kann kommen.

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FOTO: PA / CHRIS KELLER

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