Thüringische Landeszeitung (Gera)
Bestimmte Handytarife verstoßen gegen EU-Recht
EuGH: Keine Sonderbehandlung bei Datenverbrauch
Handytarife, bei denen bestimmte Dienste etwa für Musikstreaming nicht auf das Datenvolumen des Kunden angerechnet werden, verstoßen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen EU-Recht. Die Anbieter dürften bestimmte Anwendungen nicht bevorzugt behandeln, die Nutzung der übrigen Dienste nach Verbrauch des Datenvolumens hingegen blockieren oder verlangsamen, befanden die Luxemburger Richter am Dienstag (Rechtssachen C807/18 und C-39/19). Dies verstoße gegen den Grundsatz der Netzneutralität, wonach alle Daten im Internet diskriminierungsfrei gleich behandelt werden müssen.
Hintergrund ist ein Fall in Ungarn, bei dem es um Tarife mit begrenztem Internetdatenvolumen geht. Ist dieses Volumen verbraucht, wird der weitere Datenverkehr verlangsamt oder blockiert. Der Datenverkehr bestimmter Dienste wie Video- oder MusikstreamingApps wird jedoch nicht auf das Volumen angerechnet und ist auch nicht von der Verlangsamung betroffen.
Ähnliche Tarife werden auch in Deutschland angeboten. Susanne Blohm vom Verbraucherzentrale Bundesverband erklärte jedoch, dass die bekanntesten deutschen Angebote wohl nicht von dem EuGH-Urteil betroffen seien, weil bei ihnen alle Apps, darunter Musik- oder Streaming-Dienste, von der Tempodrosselung betroffen seien.
Dies betonte auch die Telekom: „Bei uns wird alles gleich behandelt. Wenn reduziert wird, gilt das für alle Dienste“, sagte Sprecher Dirk Wende. Allerdings ist wegen des Telekom-Tarifs „Stream-On“noch ein Gerichtsverfahren in Deutschland anhängig. Das Verwaltungsgericht Köln rief dazu im Januar den EuGH an.
Denn Verbraucherschützer sehen auch die Angebote in Deutschland kritisch. Auf den ersten Blick seien sie für den Kunden attraktiv, sagte Blohm. „Über kurz oder lang besteht jedoch die Gefahr, dass sich solche Angebote negativ auf die Wahlfreiheit der Verbraucher und Angebotsvielfalt am Markt auswirken.“Ziel sollte Blohm zufolge sein – wie in vielen EU-Ländern längst Standard –, grundsätzlich mehr Inklusivvolumen für den monatlichen Tarifpreis zu bekommen.