Thüringische Landeszeitung (Gera)
Fehler nicht wiederholen
Natürlich sind die Bilder aus Moria entsetzlich: Wer ein Herz hat, muss helfen. Flüchtlingsorganisationen fordern Luftbrücken, Kommentatoren rufen nach einem deutschen Alleingang, und in Berlin regiert eine ganz große Koalition: Unterschiede gibt es nur noch in den Zahlen, wie viele Menschen Deutschland aufnehmen soll. Wer Herz zeigen will, darf den Verstand aber nicht ausschalten: Humanitäre Hilfe muss nicht heißen, dass Deutschland ohne Prüfung Flüchtlinge aufnimmt. Hilfe kann vor Ort erfolgen – mit einem Katastropheneinsatz, dem Aufbau eines menschenwürdigen Aufnahmelagers, mit der Schaffung einer funktionierenden Asylbehörde, die schnell über Anträge entscheidet. Wenn Asyl erteilt wird, kann Deutschland sich nicht entziehen.
Mit einer Aufnahme der Flüchtlinge unter Umgehung des Asylrechts wiederholt Deutschland aber den fatalen Fehler von 2015: Die griechischen Flüchtlingslager würden sich rasch wieder füllen, noch mehr Menschen die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer wagen. Und schlimmer noch: Verzweifelte Migranten in anderen griechischen Lagern könnten auf die Idee kommen zu zündeln.
Es gilt, die Folgen nüchtern zu bedenken. Migration zieht Migration nach sich. Schon jetzt hoffen fast alle Flüchtlinge in Europa auf Deutschland. Ja, Deutschland muss helfen, aber es gilt noch der kluge Satz des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck: „Unsere Herzen sind weit, aber unsere Möglichkeiten endlich.“