Thüringische Landeszeitung (Gera)
Schönstes Regionalbuch spielt in Erfurt
Thériaults Feuilletons wurden ausgezeichnet
Ein Buch ist mehr als die Summe seiner Texte. Es ist bestenfalls ein Erlebnis für alle Sinne (ja, auch fürs Ohr, obgleich es kein Hörbuch ist!). Und in diesem Sinne ist eine Thüringer Feuilletonsammlung der in Montréal und Erfurt tätigen Soziologieprofessorin Barbara Thériault „Deutschlands schönstes Regionalbuch 2020“geworden.
„Die Bodenständigen. Erkundungen aus der nüchternen Mitte der Gesellschaft“, illustriert von Julien Posture und in der Leipziger Edition Überland veröffentlicht, stach demnach unter rund 100 „Büchern mit regionalem Bezug“durch Gestaltung, Bindung, Typographie und Gesamtkonzeption hervor; es verspricht „Verkäuflichkeit im Buchhandel“. Das sind Kriterien für die Auszeichnung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der Stiftung Buchkunst. Sie ist mehr (verkaufsfördernder) Titel als Preis, weil undotiert.
Texte bleiben nicht unberücksichtigt, stehen aber nicht im
Zentrum.
Thériaults
Buch, an
Siegfried Kracauers Berliner Feuilletons orientiert, komme zwar relativ einfach daher, halte aber „viele Überraschungen parat“. So wird Lisa Neher zitiert, Buchhändlerin in Nürnberg, wo sie am Montag als Teil der fünfköpfigen Jury über die Vergabe mitentschied. Neher hob demnach Gestaltungsmerkmale hervor: die aus ihrer Sicht gewagte Spaltenbreite sowie die Verwendung von Fußnoten und Anmerkungen.
Fünfzehn der vierzig auch qualitativ sehr unterschiedlichen Texte erschienen bereits 2017 und 2018 in der Thüringer Allgemeinen: in der Serie „C’est la vie“über Alltagsbeobachtungen in und um Erfurt. „Die Bodenständigen“ist insofern ein Buch mit regionalem Bezug, aber welches literarische Werk ist das denn nicht? Auch Thériault beansprucht damit ja durchaus Weltbezug. „Regionalbuch“ist dafür eine missverständliche Kategorie.