Thüringische Landeszeitung (Gera)

Kämna klettert ins Glück

Tour de France Erster deutscher Etappensie­g seit zwei Jahren. Roglic verteidigt Gelb

- Von Stefan Tabeling

Überglückl­ich breitete Lennard Kämna die Arme aus, klopfte sich auf die Brust und schüttelte ungläubig den Kopf. Nach einem schier unglaublic­hen Soloritt in den Alpen ist das Riesentale­nt endlich am Ziel seiner Träume angelangt. Der 24-Jährige holte sich nach einer cleveren Attacke 20 Kilometer vor dem Ziel seinen ersten Etappensie­g bei der Tour de France. Kämna triumphier­te auf dem 16. Teilstück von La Tour-du-Pin nach Villard-de-Lans vor dem Giro d’Italia-Champion Richard Carapaz und sorgte für den ersten deutschen Etappensie­g seit John Degenkolb vor zwei Jahren in Roubaix.

„Ich kann es noch gar nicht glauben. Das ist ein wunderbare­r Tag für mich, einfach großartig. Das bedeutet unglaublic­h viel für mich“, sagte Kämna und fügte hinzu: „Das ist eine große Erleichter­ung. Wir hatten so viele Rückschläg­e. Ich bin auf der letzten Kuppe All in gegangen. Ich wusste, dass mich auf der Abfahrt keiner mehr einholt.“

Diesmal ließ sich Kämna nicht mehr austrickse­n, nachdem er am Puy Mary vier Tage zuvor noch vom cleveren Kolumbiane­r Daniel Martinez übersprint­et worden war. Am vorletzten Anstieg setzte Kämna die entscheide­nde Attacke. Dann spielte er seine Zeitfahrqu­alitäten aus und fuhr dem Kletterspe­zialisten aus Ecuador mühelos davon.

Womöglich ist in dem Winterspor­tort nun der Stern von Kämna so richtig aufgegange­n. Dem früheren Junioren-Weltmeiste­r trauen die Experten viel zu, womöglich sogar irgendwann den Toursieg.

Der Coup am Dienstag war aber ein Sieg mit Ansage, schon am Ruhetag hatte der Norddeutsc­he sich diese 16. Etappe ausgeguckt. „Jedes Mal in einer Ausreißerg­ruppe kommen neue Erfahrunge­n dazu. Es ist immer ein Pokerspiel. Ich habe das Gefühl, dass ich darin besser werde“, sagte Kämna, der für den insgesamt 92. deutschen Etappenerf­olg bei der Tour gesorgt hatte. Auch für sein Bora-hansgrohe-Team war es nach den Enttäuschu­ngen der letzten Tage eine große Erleichter­ung.

Die Favoriten gönnten sich dagegen vor dem Tag der Wahrheit einen weiteren Ruhetag. Mit mehr als zehn Minuten Rückstand rollten die Stars um Gelbträger Primoz Roglic und dessen Landsmann Tadej Pogacar über den Zielstrich. Kräfte schonen war angesagt vor der Königsetap­pe am Mittwoch. Titelverte­idiger Egan Bernal verlor erneut den Anschluss zu den Favoriten – womöglich auch aus Kalkül. Das steigert die Chancen des Kolumbiane­rs auf einen Etappensie­g in den nächsten Tagen.

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FOTO: STUART FRANKLIN / AFP Der 24 Jahre alte Lennard Kämna vom deutschen Bora-hansgrohe-Team feiert auf der Ziellinie der gestrigen 16. Etappe seinen ersten Etappensie­g bei der Tour de France.
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GRAFIK: DPA „Ich kann ihnen versichern, es wird höllisch“, sagt Tour-Chef Christian Prudhomme über diese 17. Etappe. Auf 2304 Metern wird es die fünfthöchs­te Bergankunf­t der Tour-Geschichte geben.

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