Thüringische Landeszeitung (Gera)
Nostalgiebahnen auf dem Abstellgleis
Programm wird doch nicht verlängert. Bahn fehlt Know-how. Ministerien streiten über künftige Finanzierung
Der Fortsetzung des BahnNostalgieprogramms in Thüringen schien nichts mehr im Wege zu stehen. Nachdem die Sonderfahrten Ende November eingestellt worden waren, weil das Land seine Förderung einstellen wollte, wurden im Haushalt dieses Jahres doch insgesamt 500.000 Euro dafür etatisiert. Die Summe teilen sich das Infrastruktursowie das Wirtschaftsministerium zu gleichen Teilen.
Der Linke-Abgeordnete Knut Korschewsky freute sich über die positive Entwicklung und betonte: Die Weiterführung des Programms sei notwendig, um die touristische Attraktivität des Freistaats für Besucher aus dem eigenen Bundesland sowie aus anderen Bundesländern und dem Ausland zu erhöhen.
Wer aber dachte, damit stünden die Signale für die Sonderfahrten der historischen Dampf- und Dieselloks wieder auf Grün, hatte sich getäuscht. Weder der bei Wintersportfans beliebte „Rodelblitz“in den Thüringer Wald noch der einst in Zeulenroda gestartete „Rotkäppchen-Express“, der seine Gäste über Weida, Gera und Jena ins sachsenanhaltinische Freyburg an die Unstrut brachte, werden in diesem Jahr wieder Fahrt aufnehmen. Gleiches gilt für den „Wartburg-Express“von Ostthüringen nach Eisenach zum Besuch des historischen Weihnachtsmarktes auf der Wartburg.
Das bestätigt eine Sprecherin der Deutschen Bahn (DB) auf Anfrage dieser Zeitung. Der Vertrag mit dem Freistaat sei Ende 2021 ausgelaufen. „Die Mitarbeitenden des Nostalgieprogramms haben bereits neue Aufgaben in anderen Bereichen des DB-Konzerns übernommen. Somit ist ein kurzfristiges Wiederaufleben des Programmes aufgrund des fehlenden Know-hows für den Betrieb von historischen Dampfloks nicht möglich“, sagt die DB-Sprecherin. Derzeit prüfe die Bahn eine neue Verwendung der Züge beispielsweise durch interessierte Vereine in Thüringen.
Ob das allerdings gelingt, ist ungewiss. Denn auch hinter der künftigen Finanzierung durch das Land steht ein Fragezeichen. Gemäß Prüfbericht des Thüringer Rechnungshofs dürften die Verkehrsleistungen nach dem BahnnostalgieProgramm nicht wie bislang aus Regionalisierungsmitteln finanziert werden, da sie zum touristischen Linien
und Ausflugsverkehr gehörten, heißt es aus dem von Susanna Karawanskij (Linke) geführten Infrastrukturministerium. Vor diesem Hintergrund habe man sich mehrfach um Beteiligung des für Tourismus zuständigen Wirtschaftsministeriums bemüht, „jedoch ohne Ergebnis“. Bislang habe man dort nur einmalig 250.000 Euro für 2022 zugesagt, für kommende Jahre aber keine Mittel in Aussicht gestellt.
Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) begründet das mit der fehlenden Zuständigkeit. „Tatsächlich dient das Programm in erster Linie dazu, den Schienenpersonennahverkehr zu beleben beziehungsweise attraktiver zu machen.“Der touristische Nutzen sei sekundär: Zum einen liege ein nicht unerheblicher Teil der Reiseziele außerhalb Thüringens, zum anderen würden fast ausschließlich Tagesgäste angesprochen, die kaum zusätzliche Übernachtungen generierten.
Die einstige Freude bei LinkePolitiker Korschewsky ist längst verflogen. „Ich finde das absoluten Mist und natürlich auch sehr schade“, sagt er und steht Parteifreundin Karawanskij bei: Das seit 1998 bestehende Nostalgieprogramm sei ein touristisches Angebot. Es habe auf Thüringen aufmerksam gemacht – und das nicht nur durch Burgen und Schlösser.