Thüringische Landeszeitung (Gera)
Blatter und Platini drohen fünf Jahre Haft
Die einst mächtigsten Männer im Fußball müssen sich in der Schweiz wegen Betrugs und Urkundenfälschung vor Gericht verantworten
Es geht um zwei Millionen Franken, Verschwörungstheorien – und um die Rolle von Fifa-Präsident Gianni Infantino: An diesem Mittwoch beginnt der Prozess gegen die früheren Verbandsbosse Joseph S. Blatter und Michel Platini. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Verfahren gegen die einst mächtigsten Männer des Weltfußballs.
Was steht an?
Joseph S. Blatter, der mittlerweile 86 Jahre alte Ex-Präsident des FußballWeltverbands Fifa, muss sich vor dem Schweizer Bundesstrafgericht in Bellinzona (Kanton Tessin) verantworten. Genauso Michel Platini (66), ehemaliger Boss der Europäischen Fußball-Union (Uefa). Der Prozess ist bis zum 22. Juni angesetzt, elf Verhandlungstage soll es geben. Am Mittwoch soll Blatter aussagen, am Donnerstag Platini. Das Urteil wird am 8. Juli erwartet.
Was wird den Ex-Funktionären vorgeworfen?
Beiden wird von der Generalanwaltschaft der Schweiz (OAG) Betrug und Urkundenfälschung zur Last gelegt. Der Schweizer Blatter ist zudem wegen Veruntreuung und ungetreuer Geschäftsbesorgung angeklagt, der Franzose Platini wegen Beihilfe dazu. Die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) ermittelte seit 2015 in dem Fall, die Klage wurde im November des vergangenen Jahres eingereicht.
Worum geht es konkret?
Es geht um zwei Millionen Schweizer Franken (1,92 Millionen Euro) plus 229.126 Franken (220.000
Euro) an Sozialversicherungsbeiträgen. Diese Summen gingen im Jahr 2011 von der Fifa an den damaligen Uefa-Chef Platini.
Was hat es mit den Überweisungen auf sich?
Laut der OAG hat Platini vor dem Geldfluss bei der Fifa eine „fiktive Rechnung“für eine Beratertätigkeit in den Jahren 1998 bis 2002 eingereicht. Zwar arbeitete Platini in diesem Zeitraum tatsächlich als FifaBerater, laut OAG hat er dafür seine vertraglich fixierten 300.000 Franken (288.000 Euro) pro Jahr aber stets erhalten. Dass Platini acht Jahre später noch einmal zwei Millionen Franken in Rechnung gestellt und die Fifa unter Blatters „Verwicklung“das Geld zu Jahresbeginn 2011 überwiesen hat, ist nach Ansicht der OAG „ohne legale Basis“geschehen: „Diese Zahlung hat das Vermögen der Fifa geschädigt und Platini unrechtmäßig bereichert.“
Was macht den Fall so speziell?
Die Ermittlungen führten dazu, dass Blatter wie Platini von der FifaEthikkommission 2015 für jeweils acht Jahre gesperrt wurden. Zwar wurden die Sperren später reduziert, die Pläne Platinis aber waren durchkreuzt. Der dreimalige Fußballer des Jahres von Europa, Platini, galt als designierter BlatterNachfolger bei der Fifa.
Was waren die Folgen?
An diesem Punkt beginnt die Verschwörungstheorie. Schließlich hat die Sperre Platinis dazu geführt, dass die ehemalige Randfigur Gianni Infantino binnen kurzer Zeit zum Fifa-Präsidenten aufsteigen konnte.
Wie geht das Ganze aus?
Die möglichen Strafen für die Angeklagten reichen von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Haft. Fast genauso spannend dürfte allerdings der Prozessverlauf sein. Sollte es der Platini-Seite gelingen, Beweise für eine Verstrickung Infantinos vorzulegen, muss auch der Fifa-Boss Konsequenzen fürchten. sid