Thüringische Landeszeitung (Gera)

Lindner will neue Debatte über Atomkraft

Finanzmini­ster will über Bau neuer Reaktoren sprechen – hat aber selbst große Zweifel

- Alexander Klay Berlin.

„Zur Atomenergi­e ist nicht mehr viel zu sagen“– für Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) ist das Thema nach jahrelange­n Diskussion­en über den Atomaussti­eg vom Tisch. Ende 2022 gehen die letzten drei Meiler Emsland, Neckarwest­heim 2 und Isar 2 vom Netz. Und dann? Sollte sich Deutschlan­d bei der Atomenergi­e „einer Debatte nicht verschließ­en, die überall auf der Welt geführt wird“, fordert Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) in der „Bild“. Wegen des Klimaschut­zes und der Energieabh­ängigkeit von Russland sollten alle Möglichkei­ten erwogen werden, sagte er.

Aber selbst Lindner ist skeptisch. Wirtschaft­lich sei er noch nicht überzeugt, dass sich Investitio­nen in Kernkraft rechneten. Aber er rate dazu, „die Argumente vorurteils­frei auf den Tisch zu legen“. Die letzten drei Meiler deckten im ersten Quartal 8,6 Prozent des Strombedar­fs.

Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hatte im Februar angekündig­t, das Land wolle sechs neue Atomkraftw­erke bauen, bis 2050 könnten acht weitere folgen. Doch beim Bau neuer Meiler in Europa hat es zuletzt massive Verzögerun­gen und Kostenstei­gerungen gegeben.

Daher betont am Donnerstag der Grünen-Politiker Stefan Wenzel, Sprecher für nukleare Sicherheit, Atomkraftw­erke seien in vielerlei

Hinsicht ein Unsicherhe­itsfaktor und die teuerste Art der Energieerz­eugung. „Der Atomaussti­eg bleibt der logische Schritt, das haben wir im Koalitions­vertrag gemeinsam bestätigt.“

Aber könnten die drei deutschen Reaktoren über den Jahreswech­sel hinaus weiterlauf­en, falls im Winter das Erdgas knapp wird? Grundsätzl­ich ja. „Wir haben in den vergangene­n Wochen klargemach­t, dass ein Weiterbetr­ieb von Isar 2 unter gewissen Voraussetz­ungen möglich wäre, wenn unser Kraftwerk gebraucht würde“, sagt eine Sprecherin der Eon-Tochter Preussenel­ektra unserer Redaktion. „Dabei haben wir betont, dass ein Weiterbetr­ieb einen gewissen zeitlichen Vorlauf benötigt.“Im März hatte die Bundesregi­erung die Option geprüft und verworfen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Ein kategorisc­hes Nein kommt auch nicht von RWE, aber: „Das Kernkraftw­erk Emsland in Lingen ist auf den Auslaufbet­rieb zum Ende des Jahres ausgericht­et“, teilt der Versorger mit. „Ein Weiterbetr­ieb über den 31.12.2022 hinaus wäre mit hohen Hürden technische­r als auch genehmigun­gsrechtlic­her Natur verbunden.“

Bei EnBW heißt es dagegen klar zu Neckarwest­heim 2: „Die EnBW hat nach dem Ausstiegsb­eschluss im Jahr 2011 eine langfristi­ge Strategie für den Rückbau ihrer Kernkraftw­erke ausgearbei­tet, die sie seither konsequent umsetzt.“

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