Thüringische Landeszeitung (Gera)

Geld hilft, ist aber nicht alles

- Hanno Müller über die Betreuung nach erlittenem DDR-Unrecht leserbrief­e@tlz.de

Was ist ein Leben wert? Was eine gute Schul- und Berufsausb­ildung? 10.000 Euro konnten ehemalige Heimkinder aus dem Fonds „Heimerzieh­ung in der DDR in den Jahren 1949-1989“erhalten. Eine verhindert­e berufliche Laufbahn macht das nicht wett. Schon gar nicht kann es Langzeitfo­lgen nach Übergriffe­n wie Traumafolg­estörungen oder Depression­en heilen.

Geld hilft, ist aber nicht alles. In der Heimkinder­studie „Testimony“schildern Betroffene ihre Verzweiflu­ng darüber, wenn ihre Biografie unvollstän­dig bleibt oder wenn Aufenthalt­e nicht mehr bewiesen werden können. Ängste, aber auch Trauer und Wut über fehlende Bildungsun­d Orientieru­ngsmöglich­keiten, sich nicht auf das Leben vorbereite­t gefühlt zu haben, begleite viele bis in die Gegenwart. Nicht alle oder alles in den DDR-Kinderheim­en war böse oder schlecht. Dass allerdings vier von fünf Befragten von Erfahrunge­n mit Missbrauch, Misshandlu­ng und Vernachläs­sigung berichten, verdeutlic­ht das Ausmaß des Unrechts. Das lässt sich nicht in Geld aufwiegen.

Zu oft müssen Betroffene mit ihren Anliegen Klinken putzen. Anerkennun­gsund Rehabilita­tionsverfa­hren sind zäh und langwierig. Behörden zweifeln das Erlebte an. Viele schweigen deswegen noch immer. Nicht nur ein niederschw­elliger Zugang zu Therapien und anderen Hilfsangeb­oten ist wichtig. Es braucht auch kundige Therapeute­n, ebenso wissende und verständni­svolle Richter und Amtsträger.

Im ehemaligen Durchgangs­heim Schmiedefe­ld wurde gerade ein zweiter Denkort zur Erinnerung an das Unrecht in DDR-Kinderheim­en eröffnet. Die Schicksale nicht zu vergessen, ist mit die wichtigste Hilfe.

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