Thüringische Landeszeitung (Gera)
Geld hilft, ist aber nicht alles
Was ist ein Leben wert? Was eine gute Schul- und Berufsausbildung? 10.000 Euro konnten ehemalige Heimkinder aus dem Fonds „Heimerziehung in der DDR in den Jahren 1949-1989“erhalten. Eine verhinderte berufliche Laufbahn macht das nicht wett. Schon gar nicht kann es Langzeitfolgen nach Übergriffen wie Traumafolgestörungen oder Depressionen heilen.
Geld hilft, ist aber nicht alles. In der Heimkinderstudie „Testimony“schildern Betroffene ihre Verzweiflung darüber, wenn ihre Biografie unvollständig bleibt oder wenn Aufenthalte nicht mehr bewiesen werden können. Ängste, aber auch Trauer und Wut über fehlende Bildungsund Orientierungsmöglichkeiten, sich nicht auf das Leben vorbereitet gefühlt zu haben, begleite viele bis in die Gegenwart. Nicht alle oder alles in den DDR-Kinderheimen war böse oder schlecht. Dass allerdings vier von fünf Befragten von Erfahrungen mit Missbrauch, Misshandlung und Vernachlässigung berichten, verdeutlicht das Ausmaß des Unrechts. Das lässt sich nicht in Geld aufwiegen.
Zu oft müssen Betroffene mit ihren Anliegen Klinken putzen. Anerkennungsund Rehabilitationsverfahren sind zäh und langwierig. Behörden zweifeln das Erlebte an. Viele schweigen deswegen noch immer. Nicht nur ein niederschwelliger Zugang zu Therapien und anderen Hilfsangeboten ist wichtig. Es braucht auch kundige Therapeuten, ebenso wissende und verständnisvolle Richter und Amtsträger.
Im ehemaligen Durchgangsheim Schmiedefeld wurde gerade ein zweiter Denkort zur Erinnerung an das Unrecht in DDR-Kinderheimen eröffnet. Die Schicksale nicht zu vergessen, ist mit die wichtigste Hilfe.