Thüringische Landeszeitung (Gera)
Gotha hofft auf Investor für Brauerei
Nach dem verkündeten Aus von Oettinger scheint ein Verkauf denkbar. Appell an Mitarbeiter
Die Gewerkschaft NahrungGenuss-Gaststätten (NGG) ist froh darüber, dass die Oettinger Brauerei GmbH sich offenbar nun doch für einen Verkauf des Standortes in Gotha gesprächsbereit zeigt. „Wir begrüßen diese Rolle rückwärts sehr,“so NGG-Chef Jens Löbel. Am Mittwoch hatte die verkündete Schließung des Brauereistandortes zum Jahresende für Entsetzen gesorgt – mehr als 200 Arbeitsplätze sind betroffen. Einem MDR-Bericht zufolge soll die in Bayern sitzende Geschäftsleitung des Unternehmens daran arbeiten, alternative Lösungen zu finden – auch seriöse
Kaufangebote würden geprüft. Löbel ist durchaus optimistisch, dass das Aus noch verhindert werden kann. „Es wäre doch Wahnsinn, sich jetzt von der Flasche und dem Mehrweg zu verabschieden.“Ziel sei, „dass der Standort und die Produktion erhalten bleiben. Wir sind in Kontakt mit der Landesregierung und dem Betriebsrat in Gotha.“Doch bisher gebe es noch keine offiziellen Geschäftszahlen. Liegen diese vor, „werden wir gemeinsam mit einer beauftragten Firma ein Gegenkonzept entwickeln“.
Die Politik -- regional und lokal – hatte zuvor schon ihre Unterstützung bei der Suche nach einem Rettungsweg zugesichert. Der Landrat des Landkreises Gotha, Onno Eckert, und Oberbürgermeister Knut Kreuch (beide SPD) wollen alles tun, um einen Fortbestand des Brauereistandortes zu sichern und eine Zukunftsperspektive zu entwickeln. Da „bereits erste Gespräche mit Unternehmen und der Landespolitik zu einer möglichen Standortübernahme
laufen“, bitten die beiden Politiker, „die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Brauerei Gotha, sich nicht voreilig umzuorientieren. Ohne Fachkräfte, als wohl wichtigste Säule, verliert der Standort an Attraktivität für potenzielle Retter“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Die rund 230 Beschäftigten waren von der Geschäftsführung auf einer Betriebsversammlung über das Aus informiert worden. Als Grund wurde der rückläufige Bierabsatz genannt, Oettinger wolle sich nach der Pandemie und durch eine neue Marktsituation anders aufstellen, Teile der Produktionskapazitäten und -anlagen auf die anderen Brauerei-Standorte
verlagern. Diese sind außer in Oettingen in Mönchengladbach und Braunschweig.
Das Familienunternehmen hatte sich Jahrzehnte durch die Familie Kollmar als kollegialer Partner in Gotha gezeigt – dabei auch sozial, kulturell und sportlich engagiert. Der Gewerbeverein dankt deshalb trotz einer „wünschenswerten Kurskorrektur“für 31 Jahre Miteinander und stellt fest: „Es ist jetzt keine Zeit für Schaufensterpolitik.“
2021 hatten 1,4 Millionen Hektoliter die Brauerei verlassen, 40 Prozent waren Pils-Biere, je 20 Export-, Weizen- und Mixbiere. Bis Jahresende läuft die Produktion. Offen ist, was dann passiert. Leitartikel