Thüringische Landeszeitung (Gera)
Flug gestrichen – so kann ich mich wehren
Lufthansa, Easyjet & Co. kürzen ihre Angebote. Welche Rechte die betroffenen Reisenden haben
Viele freuen sich sehnsüchtig auf ihren Urlaub. Wer jedoch eine Flugreise plant, muss bangen, ob diese überhaupt stattfindet. Fluggesellschaften in Deutschland streichen mehr als 1000 Flüge im Sommer. Was Verbraucher jetzt unternehmen können, dazu beantwortet unsere Redaktion wichtige Fragen.
Welche Fluggesellschaften wollen Flüge streichen?
Fast alle Airlines in Deutschland haben Streichungen angekündigt – darunter Lufthansa, Eurowings, Easyjet und Swiss. Besonders häufig betroffen sind innereuropäische und innerdeutsche Verbindungen. Als Grund wird Personalmangel bei den Airlines, an Flughäfen und in der Flugsicherung angegeben.
Was können Verbraucher machen, wenn ihr Flug entfällt?
Verbraucher haben die Wahl: Entweder lassen sie sich die Ticketkosten von der Airline erstatten oder sie akzeptieren eine Umbuchung auf einen anderen Flug. „Zunächst sollten sich Reisende direkt an die Fluggesellschaft wenden“, empfiehlt Sabine Cofalla, Geschäftsführerin der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp). Die Airlines sind durch die Europäischen Fluggastrechte verpflichtet, bei Annullierung eines Fluges den Reisenden kostenlos einen Ersatzflug anzubieten – und zwar unter vergleichbaren Reisebedingungen. Die Beförderung ans Reiseziel kann auch per Bahn erfolgen.
Was tun, wenn Reisende mit dem Ersatzflug nicht zufrieden sind?
Nicht immer ist eine Umbuchung auf ein Flugzeug am selben Tag möglich, sondern nur Tage vor- oder nachher. Wenn Reisende mit der Umbuchung nicht einverstanden sind, können sie die Erstattung der Flugkosten verlangen.
Welche Rechte bestehen bei sehr kurzfristigen Stornierungen?
Wird der Fluggast nicht mindestens zwei Wochen vor dem Abflugdatum über die Streichung seines Fluges informiert, muss die Airline neben der Ticketerstattung einen pauschalen Schadenersatz – eine sogenannte Ausgleichsleistung – bezahlen. Diese staffelt sich nach der Entfernung des Flugziels und beträgt bei Zielen unter 1500 Kilometern 250 Euro, bei Flügen bis 3500 Kilometer 400 Euro und bei allen weiteren Entfernungen 600 Euro. Dies gilt aber nur für Flugausfälle, die nicht auf „außergewöhnliche Umstände“zurückzuführen sind.
Was ist beim Buchen von Alternativen zu beachten?
Kommt eine Fluggesellschaft ihrer Verpflichtung zur Umbuchung nicht rechtzeitig nach und müssen sich die Reisenden deshalb selbst darum kümmern, können sie für diese Mehrkosten Schadenersatz fordern, sagt söp-Chefin Cofalla. „Reisende, die eine Ersatzbeförderung eigenständig buchen, müssen dabei so sparsam wie möglich vorgehen, um am Ende nicht auf Mehrkosten sitzen zu bleiben. Sie haben eine Schadensminderungspflicht.“
Wie sind Pauschalreisende abgesichert?
Ist der stornierte Flug Teil einer Pauschalreise, so ist der Reiseveranstalter in der Pflicht. „Er muss für eine Ersatzbeförderung sorgen“, sagt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Dabei darf sich der Reisepreis durch die neue Flugverbindung nicht erhöhen, auch wenn der Veranstalter aufgrund der Streichung kurzfristig teurere Flüge einkaufen muss.“Führen die neuen Flugverbindungen zur Beeinträchtigung der Reise, zum Beispiel weil man erst einen Tag später am Urlaubsort ist, könnten Pauschalreisende gegebenenfalls Ansprüche gegen ihren Reiseveranstalter geltend machen. „Ein Rücktritt vom Reisevertrag ist nur bei unzumutbarer Leistungsänderung möglich“, so Rehberg. Reisende sollten sich daher zu ihrem Fall beraten lassen.
Wer übernimmt die Kosten für gebuchte Hotels?
Hier wird es kompliziert und kommt auf den Einzelfall an. „Findet deutsches Recht Anwendung, hat die Airline nach unserer Auffassung auch die Folgeschäden zu ersetzen, wenn sie nicht nachweisen kann, dass sie kein Verschulden an der Annullierung trifft“, sagt die Verbraucherschützerin Rehberg. Allerdings bestehe dabei eine Schadensminderungspflicht. Konkret: Reisende müssen den Schaden möglichst gering halten – zum Beispiel indem sie einen Ersatzflug buchen. Wenn eine Airline mindestens 14 Tage vor Abflug den Flug annulliert, muss sie für die Hotelkosten keine Entschädigung zahlen. Mit Glück sind Unterkünfte kulant, haben Zimmer frei und buchen um.
Ist zu wenig Personal ein außergewöhnlicher Umstand?
„Der Verkauf von Flügen, ohne dass genügend Personal für deren Durchführung zur Verfügung steht, fällt in den Risikobereich der Airline“, meint Rehberg. „Sie muss also dafür geradestehen, wenn es zu Problemen kommt.“Airlines müssen nur bei „außergewöhnlichen“Ursachen in Europa bei Annullierungen nicht bezahlen – dazu zählen beispielsweise Ausfälle von ITSystemen am Flughafen, oft auch Sturm und Gewitter; das gilt aber nicht bei technischen Problemen des Fliegers.
Was passiert, wenn die Airline nicht bezahlen will?
Nicht immer zahlen Fluggesellschaften freiwillig. Grundsätzlich müssen Reisende ihre Ansprüche zunächst bei der Airline geltend machen. Reagiert die Fluggesellschaft nicht oder unzufriedenstellend, können sich Betroffene an eine Schlichtungsstelle wenden – wie die söp. Die söp ist von der Bundesregierung als Verbraucherschlichtungsstelle anerkannt. Sie arbeitet unabhängig und neutral. Die Schlichtung ist für die Fluggäste kostenfrei. Der Antrag kann online gestellt werden (https://soep-online.de/ihre-beschwerde/online-formular-flug“).