Thüringische Landeszeitung (Gera)
Zwei Geraerinnen im Thüringer Vierer
Sein zwölfmonatiges Gastspiel vor vier Jahren in China war trotz mancher Enttäuschung nicht umsonst. „Ich habe viele Kontakte geknüpft und vor allem gelernt, mit Stress umzugehen. Oft war nicht klar, was ich am nächsten Tag überhaupt umsetzen kann“, sagt Tim Zühlke, der zum Jahresbeginn eine große Aufgabe übernommen hat. Der 42-Jährige soll als Bundestrainer im Ausdauerbereich die deutschen Männer zurück in die Weltspitze führen.
Er selbst hat einen großen Traum, den der Vierer als Flaggschiff des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) erreichen soll. „Bei Olympia 2024 in Paris wollen wir ins kleine Finale“, sagt Zühlke. Für den deutschen Bahnradsport wäre es die Rückkehr zu alten Erfolgen in dieser Disziplin. Die letzte olympische Medaille gelang bei den Spielen 2000 in Sydney, als das deutsche Quartett – unter anderem mit dem Erfurter Daniel Becke und dem für den SSV Gera fahrenden Leipziger Jens Lehmann – sogar Gold gewann. Die letzte WM-Medaille holte der Vierer 2002 mit Silber. Bei den Sommerspielen im Vorjahr in
Tokio landete das deutsche Quartett mit fast sechs Sekunden Rückstand auf die in Weltrekordzeit siegreichen Italiener auf Rang sieben.
Jenen Vorsprung der Konkurrenz also will Zühlke mit seinen Fahrern aufholen. 15 Sportler gehören dem Kaderkreis an, aus sieben Athleten speist sich der Vierer. Das Jahr nach Olympia ist stets durch einen Umbruch geprägt. Talenten wie dem EM-Zweiten Nicolas Heinrich (20/ Zwickau) oder U-23-Europameister Tobias Buck-Gramcko (21) aus
Mit 40 Aktiven aus neun Vereinen beteiligt sich der Thüringer Radsportverband (TRV) an den diesen Dienstag beginnenden deutschen Bahnrad-Meisterschaften auf der 250-Meter-Holzpiste in Büttgen. Es sind die ersten nationalen Titelkämpfe seit 2019, nachdem wegen Corona die Wettbewerbe in den vergangenen beiden Jahren ausfielen. An der Spitze des Thüringer
Göttingen gehört die Zukunft. Gerade erst standen sich beide beim Nations Cup in Kanada im Finale gegenüber, das der Sachse gewann.
Neue Talente aber allein reichen nicht, um den Abstand zu den besten Nationen zu verringern. Zühlke will künftig die Bahnfahrer noch viel öfter bei Straßenradrennen an den Start bringen und wünscht sich langfristig eine feste Mannschaft, die regelmäßig bei Rennen antritt. „Das ist wichtig, um Rennhärte zu bekommen und dadurch dann auf einem
Feldes steht der Erfurter Sprinter Marc Jurczyk, der vor drei Jahren mit drei Titeln zu den erfolgreichsten Teilnehmern gehörte. Am Start in Büttgen ist zudem unter anderem ein Thüringer Vierer der Frauen mit Dorothea Heitzmann (RSC Turbine Erfurt), Tassia Ballhaus (SV Sömmerda), Lara Röhricht und Lena-Charlotte Reißner (beide SSV 1990 Gera). alu höheren Niveau auf der Bahn anzutreten“, sagt der nahe Weimar lebende Familienvater.
Zum Nationalkader der Ausdauerfahrer gehört mit Benjamin Boos inzwischen auch ein Fahrer vom RSC Turbine Erfurt. Der 18-Jährige kam im Herbst 2020 nach Thüringen, will hier im kommenden Jahr am Sportgymnasium sein Abitur ablegen. Als Junior stand er schon ganz oben. Bei der WM im vergangenen August in Ägypten holte der gebürtige Baden-Württemberger mit dem deutschen Vierer den Titel.
Punkte für die Olympia-Qualifikation 2024 werden erst ab der kommenden Saison gesammelt. Bundestrainer Zühlke wird aber dennoch genau hinschauen, wenn in dieser Woche auf der Bahn in Büttgen die nationalen Meister gekürt werden. Mit dabei ist Roger Kluge. Der 36-Jährige holte einst als Straßenfahrer einen Etappensieg beim Giro und rollte auch in diesem Jahr bei der Rundfahrt durch Italien mit. Auf dem Oval war er schon zweimal Madison-Weltmeister mit Theo Reinhardt. Jene erfolgreiche Symbiose will Tim Zühlke forcieren, um bei den Ausdauer-Männern den deutschen Bahnradsport zurück in die Erfolgsspur zu führen.