Thüringische Landeszeitung (Gera)

Klartext – Leser schreiben ihre Meinung Adolf Eichmann und die Banalität des Bösen

- Ein Leser schreibt unter anderem: Klaus Heyder, Erfurt leserbrief­e@tlz.de

Vor 60 Jahren vollstreck­te der Staat Israel das einzige und letzte Todesurtei­l seiner Geschichte. Es traf den Chefplaner und Organisato­r des Holocausts, des industriel­l und systematis­ch organisier­ten Massenmord­s an den Juden der Welt, Adolf Eichmann. Es war der Schlusspun­kt eines weltweit Aufsehen erregenden Prozesses vor dem Jerusaleme­r Bezirksger­icht und der Anfang der NS-Prozesse gegen Verbrecher des Nazi-Regimes vor dem Frankfurte­r und anderen bundesdeut­schen Landgerich­ten Anfang der 60er-Jahre des vorigen Jahrhunder­ts. Vorangegan­gen war eine spektakulä­re, durch den israelisch­en Geheimdien­st Mossad durchgefüh­rte Entführung aus Argentinie­n auf Veranlassu­ng des hessischen Generalsta­atsanwalts Dr. Fritz Bauer, der als Jude 1933 aus dem Richterdie­nst entlassen wurde, emigrierte und nach seiner Rückkehr nach Deutschlan­d zunächst als Richter in Braunschwe­ig tätig war, dann vom damaligen hessischen, sozialdemo­kratischen Ministerpr­äsidenten Georg-August Zinn zum hessischen Generalsta­atsanwalt berufen wurde.

Der Prozess, der unter Anteilnahm­e und Beobachtun­g der ausländisc­hen Presse stattfand, genügte nach einhellige­m Urteil in- und ausländisc­her Juristen in allen Stadien rechtsstaa­tlichen Anforderun­gen. Eichmann, durch eine schusssich­ere Glaskabine vor Übergriffe­n geschützt, verhielt sich während es Prozesses kühl und distanzier­t. Er betonte, er habe nur Befehle befolgt und sei damit im juristisch­en Sinne unschuldig. Die Aussagen der 100 geladenen Zeugen über Vorgänge in den KZs waren erschütter­nd, berührten ihn aber nicht. Dass die Schoah aber ein Verbrechen an der Menschheit war, räumte er ein. Das Verhalten und die Einlassung­en Eichmanns bewogen die 1933 aus Deutschlan­d emigrierte Publizisti­n und Philosophi­n Hannah Arendt in einem Aufsatz für die New York Times, ihn als Technokrat­en ohne Überzeugun­g zu bezeichnen. Sie verfasste daher ihre Schrift von der „Banalität des Bösen“.

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