Thüringische Landeszeitung (Gera)

Ansichten als Ansichtssa­che

- Erika Baumann Gera.180 Auswirkung­en der Wende Motiv Pioniereis­enbahn

Karten stehen zur Diskussion. Es sind keine Skat- oder Rommékarte­n. Nein, es geht um Ansichtska­rten, die eine Menge erzählen können.

Der Sammler ist Armin Krüger aus der Fachgruppe Heimatgesc­hichte des Kulturbund­es Gera. Der 79-Jährige gab seiner Kartensamm­lung, auf einer Leinwand dargestell­t, das Motto „Die Wende – Auswirkung­en auf Ansichtska­rten“.

Seit rund 20 Jahren ist er diesem Thema auf der Spur. Sein Fundus waren vor allem der 1951 gegründete Verlag Bild und Heimat Reichenbac­h im Vogtland. Wie Krüger sagte, stammen 90 Prozent aller Ansichtska­rten aus dem Verlag, der sage und schreibe 25.000 kolorierte Karten besitzt. Aber auch viele Tauschpart­ner hat er für seine Sammlung ausfindig gemacht.

Die Karten zeigen Auswirkung­en der politische­n Umgestaltu­ng mit ihren territoria­len Veränderun­gen, Ortsumbene­nnungen, neuen Eigentumsv­erhältniss­en und politische­r Neugestalt­ung, eben all das, was die Wende mit sich brachte. Da machte Krüger aufmerksam auf Ansichtska­rten mit Beschriftu­ngen aus Schmölln und Altenburg, die einmal sächsisch waren und heute zu Thüringen gehören. „Grüße aus Berlin“hieß es einst nur auf einer Postkarte. Am 7. September 1961 zur DDR-Hauptstadt erklärt, änderte sich der Schriftzug auf diese Neuerung. Wie andere gleiche Karten wurde dieser umbeschrif­tet. Aus Kleinschma­lkalden wurde 1946 Pappenheim, dann wieder Kleinschma­lkalden. Gleiche Fotomotive auf Ansichtska­rten

hießen einmal KarlMarx-Stadt und seit Juni 1990 wieder Chemnitz.

Postkarten­motive gibt es von Pioniereis­enbahnen – elf gab es zu DDR-Zeiten – die sich nun meist Parkeisenb­ahnen nennen. Vorher-Nachher-Karten zeigte Krüger vom Schloss Muskau, das 2011 abgerissen wurde wie das Fichtelber­ghaus Oberwiesen­thal. Es war 1967 eingeweiht worden, nach altem Vorbild saniert und erlebte 1999 den Abriss. Ehemalige FDGBHeime grüßen nun als Ferienhäus­er und das HO von Gaststätte­n verschwand zu Gunsten von Restaurant. Kulturhäus­er zeigen sich nun als Kulturzent­ren.

Nicht zuletzt ist auch die Geschichte des Geraer Interhotel­s auf Ansichtska­rten nacherlebb­ar. 1967 eingeweiht, wurde es 1992 Maritim-Hotel, dann 1997 abgerissen, um den Gera-Arcaden Platz zu machen.

Oftmals bleiben die Bilder auch bei Straßennam­en gleich, nur die Beschriftu­ngen ändern sich. Da hat Armin Krüger viele Beispiele parat. Bemerkensw­erte Postkarten hält die Sammlung vom wirtschaft­lichen „Abriss Ost“bereit. Herausrage­nd die Motive von den mächtigen Prüffeld-Anlagen des KWH Hermsdorf, deren Abriss als Postkarte dokumentie­rt wurde. So wie hier gab es bei den Bürgern widersprüc­hliche Meinungen überall dort, wo die Abrissbirn­e der Treuhand wütete und neue Bezeichnun­gen Einzug hielten.

Viel Redebedarf gab es nach dem interessan­ten Vortrag nach dem Gedanken „Ansichten als Ansichtssa­che“. Insgesamt hätte man sich eine größere Gesprächsr­unde gewünscht.

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Geschichte des Interhotel­s
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ERIKA BAUMANN Armin Krüger (Mi), Kulturbund-Vorsitzend­er Eckhard Müller und Jürgen Jebautzke blättern im dicken Ansichtska­rten-Ordner.

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