Thüringische Landeszeitung (Gera)
Die Frau, die das britische Königreich in Aufregung versetzte
Nicole Leidenfrost hat ein umstrittenes Bild für Elizabeth II. gemalt
Schnepfenthal. Während die Briten vor wenigen Tagen das 70. Thronjubiläum der Queen, Elizabeth II., feierten, zog auch im Landkreis Gotha ein bisschen königliche Stimmung ein. Wortwörtlich, denn vor zwei Monaten ist die „Queen-Malerin“Nicole Leidenfrost nach Schnepfenthal, einem Ortsteil von Waltershausen, gezogen. Mit im Umzugskarton: sechs Briefe aus dem Buckingham Palace und eine Menge bunter Bilder.
Wer die freischaffende Künstlerin Nicole Leidenfrost besucht und sich vor dem ehemaligen Rehabilitationsheim Schnepfenthal wiederfindet, könnte meinen, irgendwo falsch abgebogen zu sein. Das riesige Gebäude und der alte Schriftzug an der Wand lassen nicht erahnen, dass sich im Inneren zahlreiche Kunstwerke befinden, vor allem bunte, großformatige Gemälde von Stieren. Weltweit bekannt wurde sie allerdings durch ein „Pferd in Royalblau“.
Das Gemälde mit dem blauen Pferd hatte Leidenfrost extra für den „Geschenkepool der Deutschen Bundesregierung“, wie sie es bezeichnet, angefertigt. Anlass war der Besuch der Queen im Jahr 2015.
„Als ich das Bild eingereicht habe, wurde mir gesagt, dass ich nur geringe Chancen habe, es handle sich schließlich um die Queen!“, erzählt die Künstlerin. Im Nachhinein wundere sie es allerdings nicht, dass sie dennoch den Zuschlag erhalten hat. „Ich war die Einzige, die etwas wirklich Persönliches angeboten hat“, erklärt sie.
Neben dem Gemälde habe sie auch noch ein Fotoalbum angefertigt, in dem sie den Entstehungsprozess dokumentierte. „Ich dachte, vielleicht interessiert das die Queen, sie hat sicherlich nicht so oft die Möglichkeit, einem Künstler über die Schulter zu gucken“, sagt Leidenfrost.
Inspiration für das Gemälde mit dem blauen Pferd war eine Fotografie aus dem Jahr 1930. Darauf zu sehen ist die vierjährige Elizabeth II. auf dem Rücken eines Shetlandponys, geführt von ihrem Vater George VI. „Ich male keine fotorealistischen Gemälde“, betont Leidenfrost, „deshalb hat das Pferd auch etwas zu lange Beine und ist blau, damit wollte ich das Königliche betonen.“Doch die Queen habe Humor, fährt sie fort, das würden viele nur nicht wissen.
Bei der Geschenkübergabe mit dem damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck kommentierte die Königin: „A strange colour“– eine seltsame Farbe. Die britische Presse hatte es damals jedoch nicht als „humorvoll“interpretiert und warf mit Schlagzeilen um sich; die Deutschen würden die Queen beleidigen, die Queen sei unbeeindruckt, das Bild sähe aus wie von einer Fünfjährigen gemalt.
Inzwischen hängt das berühmte Bild im Buckingham Palace und ist Teil der „Royal Collection Trust“, der Kunstsammlung der britischen Königsfamilie.
Ob nun humorvoll oder unbeeindruckt – Nicole Leidenfrost profitierte jedenfalls von dem Medientrubel. Ihre Bilder verkaufe sie inzwischen ins In- und Ausland, jetzt von Schnepfenthal aus. Auf den etwa 700 Quadratmetern gibt es viel Platz zum Wohnen und Arbeiten. Ein großes Atelier, Ausstellungsund Schulungsräume sollen einziehen.
Neben ihrer Kunst bietet Leidenfrost nämlich auch Coachings an, „für Künstler und andere Personen“, wie es auf ihrer Internetseite heißt. Darin gehe es um Resilienz, Stressabbau und um das „Sichtbarsein“als Künstler oder Unternehmer. Sobald das Gebäude fertig saniert ist, seien auch Kulturveranstaltungen denkbar. „Aber das muss alles Stück für Stück vorbereitet werden“, sagt sie.
Auch wenn noch einiges getan werden muss, leere Wände sind bei Nicole Leidenfrost nicht zu finden. Abgesehen von den großen, bunten Gemälden gibt es noch einen weiteren, gerahmten Hingucker: sechs Briefe, versandt im Auftrag der Queen. „Ich habe ein Ritual bei meinen Kunden, ich schicke gern persönliche Weihnachtspost“, erzählt sie. Ein paar persönliche Zeilen richtete sie einst auch an die Queen. Zu ihrer Überraschung erhielt sie eine Antwort. Seitdem schreibe sie regelmäßig zu besonderen Anlässen – zuletzt zum Tod von Prinz Philip, dem Ehemann der Königin – und hält die Briefe in Ehren.