Thüringische Landeszeitung (Gera)

Scheinheil­ige Worte

- Ein Leser schreibt anlässlich der Debatte um die Jenaer „Zigeunerqu­elle“:

Zigeuner waren und sind schon lange Teil der Bevölkerun­g Deutschlan­ds. Dass sie in der Nazi-Zeit oft mörderisch­er Verfolgung ausgesetzt waren, ist bekannt und zu verurteile­n. Nun wünschen sich also manche, dass der Begriff „Zigeuner” ausradiert werde und nichts mehr an ihn erinnern möge. Warum eigentlich? Ist der Begriff „Zigeuner” denn immer noch negativ besetzt? Hat man mit „Sinti und Roma” alle Zigeuner berücksich­tigt? Nein! Die große Gruppe der Jenischen ist damit außen vor geblieben. Die Literaturn­obelpreist­rägerin Herta Müller berichtete: „Ich bin mit dem Wort ‘Roma’ nach Rumänien gefahren, habe es in den Gesprächen anfangs benutzt und bin damit überall auf Unverständ­nis gestoßen. ‘Das Wort ist scheinheil­ig’, hat man mir gesagt, ‘wir sind Zigeuner, und das Wort ist gut, wenn man uns gut behandelt.’” Vielleicht ist diese Aussage die einfachste Antwort auf eine sonst so komplexe Frage. Interessan­t auch André Depcke bereits 2015 im „Stern“: Diskussion über Sinti und Roma. Darf man heutzutage noch Zigeuner sagen? W. Bollmann, Jena

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