Thüringische Landeszeitung (Gera)
Hunger auf mehr
Als Doppelweltmeister und Olympiasieger ist der Magdeburger Florian Wellbrock bei der Schwimm-WM in Budapest der Gejagte
Die erste Niederlage kassierte Florian Wellbrock schon vor der WM – gegen den zwölfjährigen Vincent. Das Schulkind zog bei der ARD-Show „Klein gegen Groß“mit einem Wasserbecher auf der Stirn deutlich mehr Bahnen als der Schwimm-Olympiasieger. „Vincent war ganz groß und hat mir gezeigt, dass man Konkurrenten niemals unterschätzen darf“, sagte Wellbrock schmunzelnd.
Das soll ihm bei der am Freitag beginnenden Schwimm-WM (bis 3. Juli) nicht passieren. In Budapest will der 24-Jährige seine zwei WMTitel im Becken (1500 m) und Freiwasser
(10 km) erfolgreich verteidigen und endlich auch den 800-mFluch beenden. Die Zeiten des Unterstatements sind nach seinem Coup von Tokio vorbei. „Auf meinem Niveau geht man an den Beckenrand und will Gold. Ich brauche da nicht zu stehen und die Hosen voll zu haben“, sagte Wellbrock.
Man merkt: Als Olympiasieger und Doppelweltmeister hat Wellbrock ein anderes Selbstverständnis entwickelt, auch wenn er „immer noch nach links und rechts“schaue. Der Magdeburger liebt den Konkurrenzkampf – und der könnte in seiner eigenen Trainingsgruppe größer nicht sein. Der vier Jahre jüngere Lukas Märtens schwamm im April mit drei Weltjahresbestzeiten und deutschem Rekord über 800 m Freistil aus Wellbrocks Schatten. Dazu gesellte sich nach Kriegsbeginn der ukrainische DoppelEuropameister Michailo Romantschuk. Das Top-Trio pusht sich zu Höchstleistungen, und nicht selten zieht Wellbrock dabei den Kürzeren. „Aber er kämpft sich dann zurück und nimmt es als Ansporn“, lobte Cheftrainer Bernd Berkhahn.
Wellbrock will als Nummer eins anschlagen – zuerst in der Duna Arena über 800 und 1500 m Freistil und später bei seinem Dreifachstart im Lupasee.
Um diesen Marathon zu bestehen, legte Wellbrock in der Vorbereitung
mehr Wert auf Grundlagenausdauer und Regenerationsfähigkeit. „Man wird sehen, inwieweit das Einfluss auf seine Geschwindigkeit im Becken hat“, sagte Berkhahn, „da bin ich gespannt“.
Florian Wellbrock hat noch viel vor. Anders als bei seiner Frau Sarah, die sich zurzeit auf ihr Jura-Studium konzentriert, bleibt sein Fokus auf dem Leistungssport.
In den kommenden drei Jahren gibt es viel zu gewinnen, allein vier Weltmeisterschaften und Olympia in Paris stehen an. „Man könnte denken, dass man mit olympischem Gold zufrieden ist und Ruhe haben will“, sagte Wellbrock, „aber bei mir macht das Hunger auf mehr“. sid