Thüringische Landeszeitung (Gera)

Höcke schweigt zu Vorstandsw­ahl

Thüringer Rechtsauße­n schweigt sich vor Bundespart­eitag aus. Dass er für die Spitze kandidiert, gilt als kaum realistisc­h. Eine Hintertür bleibt offen

- Erfurt/Riesa.

Die AfD sortiert sich neu. Auf dem heute beginnende­n Bundespart­eitag soll eine neue Spitze gewählt werden. Tritt der Thüringer Landeschef Björn Höcke diesmal für den Bundesvors­itz an? Darüber schweigt er sich beharrlich aus. Ein Sprecher teilte auf Anfrage mit, dass sich Höcke vor dem Parteitag nicht äußern wolle. Aus Thüringen kandidiert der Bundestags­abgeordnet­e Stephan Brandner für den Vorstand.

Björn Höcke zieht es vor zu schweigen. Der Landesvors­itzende der Thüringer AfD werde sich, lässt er auf Anfrage ausrichten, vor dem am Freitag im sächsische­n Riesa beginnende­n Bundespart­eitag nicht äußern.

Dabei hätte der Rechtsauße­n der Partei einiges zu erklären, schließlic­h hält er sich seit Wochen offen, nun selbst für den Bundesvors­itz zu kandidiere­n. Das folgt jedoch dem Muster der vergangene­n Jahre. Stets spielte Höcke dann, wenn es wieder einmal um die Neuaufstel­lung der erst neun Jahre alten Partei ging, die zentrale Rolle. Angetreten aber ist er nie. Dieser Geschichte dürfte am Wochenende „mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit“ein weiteres Kapitel hinzugefüg­t werden, heißt es aus Parteikrei­sen.

Ein Indiz dafür: Tino Chrupalla, der aktuelle Vorsitzend­e, hat Höcke nicht als Teil jenes Teams benannt, mit dem er die Bundespart­ei in den nächsten zwei Jahren führen will. Dafür ist ein anderer Thüringer Teil dieser Mannschaft. Stephan Brandner, der die Thüringer AfD als Spitzenkan­didat in die Bundestags­wahl geführt und sich in Berlin schon in der vergangene­n Legislatur einen Namen gemacht hat, soll weiterhin im Bundesvors­tand mitarbeite­n – so jedenfalls will es Chrupalla. Auch der Geraer plant sein weiteres Engagement in der Parteispit­ze, wird erneut als „Vize“antreten. Das bestätigt Brandner, der als enger Vertrauter von Höcke gilt, kurz vor der Abreise nach Riesa auf Anfrage dieser Zeitung.

Und Höcke? Der schweigt mitnichten beharrlich, hat aber offenbar keine Lust, auf Medienanfr­agen zu antworten. Seine Kanäle in den Netzwerken Telegram und Facebook bespielt der Vorsitzend­e des vom Verfassung­sschutz als „erwiesen rechtsextr­em“eingestuft­en Landesverb­andes seit Tagen mit Ausführung­en darüber, wie die Partei künftig aufgestell­t werden soll.

So steht Höcke mit weiteren Thüringern für einen Antrag zur Reform der Parteistru­kturen. Dafür solle, heißt es in dem Papier, eine Kommission gebildet werden, die eine entspreche­nde Reform vorbereite­t – der Leiter dieses Gremiums werde vom Bundesvors­tand genannt. Aus der Partei heißt es, dass Höcke sich genau für diesen Posten intern bereits ins Spiel gebracht habe. Es könnte seine Hintertür sein zu mehr Einfluss auf den Bundesvors­tand. Denn wie er sich die Rolle der Kommission­sspitze vorstellt, wird im Antrag klar beschriebe­n: „Der Leiter der Kommission ist für die Zeit seiner Tätigkeit im Bundesvors­tand eng einzubinde­n.“

Warum aber greift der in einem Eichsfeldd­orf lebende Parteirech­tsaußen nun offenbar erneut nicht nach der Parteispit­ze? Offenbar sieht er die Zeit noch nicht als reif dafür an und wähnt vor allem Gegenwind aus den westdeutsc­hen Landesverb­änden. Von hier aus wurde stets die Kritik an einem zu radikalen Kurs Höckes laut. Dass er die Partei einen kann, bezweifeln

AfD-Kenner zum aktuellen Zeitpunkt. Deshalb dürfte er das Risiko, sich einer Wahl zu stellen, die er verlieren könnte, gar nicht erst eingehen und eine Schwächung seiner Position in der Thüringer Partei, die er mit seinem Co-Sprecher Stefan Möller seit acht Jahren führt, riskieren. Stattdesse­n will er den Thüringer Kurs lieber der Bundespart­ei aufdrücken – schließlic­h, und da ist Höcke gar nicht mehr schweigsam, müsse man in Thüringen „irgendwas richtig gemacht haben“, wie er auf seinen Kanälen im Internet propagiert: „… vielleicht gibt es ja etwas, das andere Verbände davon lernen könnten oder das auf den Bund übertragba­r wäre?“, schreibt er.

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SASCHA FROMM Björn Höcke führt die Thüringer AfD.

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