Thüringische Landeszeitung (Gera)
Von Bauchlandung nicht entmutigt
Der Landkreis Schmalkalden-Meiningen wirbt unkonventionell und mit kleinem Budget für die wichtigste Urlaubsregion Thüringens
Als der Landkreis Schmalkalden-Meiningen vor drei Jahren mit dem doppeldeutigen Schriftzug „Prachtregion.de“auf den Sporthosen von Suhler Volleyballerinnen für Südthüringen warb, brachte ihm das nicht nur einen Shitstorm, sondern auch eine öffentliche Rüge durch den Deutschen Werberat ein. Zu sexistisch, hieß es zur Begründung. Die PoWerbung verschwand wieder.
Doch im Gegensatz dazu hat sich die Marke „Prachtregion“in den Köpfen festgesetzt – auch, weil der Landkreis weiterhin auf unkonventionellem Wege für sie wirbt, ohne dafür Unsummen auszugeben: Im vorigen Jahr etwa arbeitete er erstmals mit Reisebloggern und Influencern zusammen, denen teils hunderttausende Interessenten folgen. „Bis auf die drei Blogger aus Thüringen sagten uns alle, dass wir die ersten Auftraggeber aus dem Freistaat waren“, sagt Christopher Eichler, Sprecher des Landratsamtes.
Allein der Reisefotograf Jörg Nicht erreichte mit sieben Beiträgen über die Rhön, von denen ihm vier bezahlt wurden, mehr als 800.000 Menschen, die sich begeistert von der Region zeigten. Und auch die Fotos und Geschichten der anderen sechs Fotografen, Blogger und Influencer wurden von Zigtausenden angeklickt und kommentiert. Nicht einmal 10.000 Euro hat der Landkreis für die Honorare ausgegeben, dafür aber mit den Postings fast eine Million Menschen erreicht, mehr als 72.000 Likes und Kommentare verbucht und knapp 1400 Fotos und Videos gewonnen, mit denen das Landratsamt, die Kommunen und die Tourist-Informationen weiter werben können.
30-Sekunden-Spots im Fernsehen gebucht
Nun will sich der Landkreis erneut mit vergleichsweise kleinem Budget ein Millionenpublikum erschließen. Nach der Social-Media-Kampagne kommt die Prachtregion ins Fernsehen: Seit Anfang Mai präsentiert der Landkreis mehrmals täglich einen 30-sekündigen Werbeclip auf dem Reisesender sonnenklar.TV. Insgesamt 150 Mal wird der Film binnen zwei Monaten ausgestrahlt, das Gros davon in der Zeit zwischen 15 und 23 Uhr. Die Kosten dafür belaufen sich auf 12.770
Euro netto – aus Eichlers Sicht gut angelegtes Geld, um eine Region bekannter zu machen, die zentral gelegen ist und bei jedem Wetter etwas zu bieten hat, aber dennoch noch zu oft unter dem Radar läuft. Dabei lohnten sich nicht nur Tagesausflüge, sondern auch mehrtägige Aufenthalte. Alpinhang, Bikepark und Skihalle in Oberhof, Meeresaquarium
in Zella-Mehlis, die Viba Nougat Welt in Schmalkalden, bald auch die Dampflok-Erlebniswelt in Meiningen – „eine solch geballte Ladung an Angeboten findet man nirgends sonst. Und die größeren Städte sind in kurzer Zeit mit dem Zug oder dem E-Bike zu erreichen.“
Der Landkreis sieht seine Marketingaktivitäten als Ergänzung zu dem, was die Thüringer Tourismus GmbH macht. Eichler verhehlt aber nicht, dass er sich von dieser Seite mehr Einsatz wünschen würde: „Die Region abseits der Städtekette spielt leider noch eine zu geringe Rolle. Dabei haben es der Thüringer Wald und die Thüringer Rhön allein im Vorjahr bis September auf mehr als zwei Millionen Übernachtungen gebracht. Der Süden ist die mit Abstand wichtigste Urlaubsregion in Thüringen.“
Hotels und Kommunen sollen an Kampagnen beteiligt werden
Idealerweise, so der Pressesprecher, „greifen die Marketingaktionen ineinander, und der Gast wird mit all seinen Wünschen abgeholt“. Optimal wäre das auch für Hoteliers und Kommunen. Die bayerische Tourismus-Marketing-Gesellschaft etwa biete sogenannte Beteiligungsmöglichkeiten für Werbekampagnen an. Dort können sich beispielsweise Hoteliers mit wenigen Klicks und überschaubarem finanziellen Aufwand wie in einem Onlineshop in Youtube-Videos, Magazine, Podcasts oder Blogger-Kampagnen einbuchen. „Diese Gemeinschaftsansätze sjnd für alle Beteiligten günstiger, weil man große Pakete mit hoher Reichweite schnürt. Zudem lässt sich so Imagemarketing mit der Vermarktung konkreter Übernachtungsangebote verbinden“, so Eichler. Deshalb werde sich der Kreis noch einiges einfallen lassen und ´von der vermeintlichen Bauchlandung , die er vor drei Jahren erlebt hat, nicht entmutigen lassen.