Thüringische Landeszeitung (Gera)
Pendeln zwischen Design und Kunst
Kunstzone Gera zeigt bis 7. August Malerei und Grafiken des Nürnberger Designers Marius Schreyer
Am heutigen Freitag wird um 18 Uhr in Anwesenheit des Künstlers in der Galerie M1 am Geraer Mohrenplatz die zweite Ausstellung der Saison eröffnet: Marius Schreyer, 1959 geboren und aus der Partnerstadt Nürnberg, zeigt Malerei und Grafik.
Schreyer hat von 1980 bis 1986 an der Hochschule für Kunst und Design in Halle/Saale Industriedesign bei Professor Rudolf Horn studiert und war bis 1987 nochmals Meisterschüler für Malerei und Grafik bei Professor Frank Ruddigkeit. Nach der Wende baute er sich in Nürnberg ein Innenarchitekturbüro
auf und zählt mittlerweile zu den angesehenen Ausstellungsgestaltern im musealen Bereich. Große Teile des Verkehrsmuseums in Nürnberg tragen seine Handschrift, auch das Verkehrsmuseum Dresden, das Dürer Haus in Nürnberg, das Heinrich-Schütz-Haus in Weißenfels oder das Textilmuseum in Neumünster. Er gestaltet Messen, Ausstellungen, Marken-, Unternehmensund Produkt-Präsentationen.
Als Zeichner war er zwar zeitlebens aktiv – hyperrealistisch, mit einer Perfektion, an der er fast erstickt wäre, wie er selbst schreibt – aber nie öffentlich. „Ich habe immer geglaubt, ich bin noch nicht so weit. Meine Bilder sind Psychogramme, sagen viel über mich aus. Doch jetzt mit 63 Jahren habe ich genügend Abstand.“Als Kontrast zur beruflichen Alltagsstrenge sucht er in der Kunst nach einem Ausgleich und entdeckte die Tuschemalerei für sich. „Ein sehr schnelles Medium, das keine Fehler verzeiht. Es erfordert eine hohe Konzentration und hat damit etwas Meditatives.“
Er beginnt zu Experimentieren, setzt Linien, die Formen ergeben und gegenständliche Assoziationen als Ausdruck seiner Verfasstheit zulassen. Er entdeckt die Wirkung von beigemischtem Salz, das den Fluss der Tusche verändert und in feinen Strukturen auskristallisiert. Deren Ausprägungen sind teils überraschend, teils kann er sie mit zunehmender Erfahrung steuern.
In der Kunstzone M1 am Geraer Mohrenplatz präsentiert sich der Künstler nun mit der Ausstellung „Chroniken des Zufalls“, die bis 7. August läuft. Viele Arbeiten – große Serien und druckgrafische Experimente auf Glas – sind erstmals öffentlich zu sehen. Oft trägt Schreyer mit dem Spachtel eine Mischung von Tusche, Wasser und Salz auf das Papier auf. Nur innerhalb der Setzungen kann die Farbe verfließen. Im nächsten Schritt präzisiert er Details durch behutsame Eingriffe mit dem Pinsel oder dem Stift, lässt Köpfe, Figuren, Landschaften oder Akte entstehen. Seine Motive sind zumeist von literarischen und musikalischen Interessen geprägt.
Neben Originaltuschen sind eine Vielzahl große Fine-Art-Prints ausgestellt, also vier- bis sechsmal vergrößerte Tuschen. Diese beeindrucken durch erst durch die Vergrößerung sichtbare Strukturen und durch Schrunden und Graten neu entstandenen Bedeutungen. Und so pendelt Schreyer zwischen angewandter Gestaltung im Design- und Architekturbereich und der freien Kunstausübung auf der anderen Seite – zwei Pole, die er beide braucht.
Geöffnet: Dienstag bis Freitag, 14 bis 17 Uhr, am Wochenende 13 bis 17 Uhr.