Thüringische Landeszeitung (Gera)
Erstmals sieben Christopher Street Days in Thüringen
Die Anzahl der Aktionstage wächst im Freistaat weiter. Neu dabei sind Gotha und Saalfeld
Die Zahl der Christopher Street Days (CSD) in Thüringen nimmt zu. In diesem Jahr wird es voraussichtlich erstmals sieben Veranstaltungen geben: in Erfurt, Weimar, Jena, Gera und Altenburg. Neu dabei sind zudem Gotha und Saalfeld.
Zurück geht der Fest- und Demonstrationstag von Lesben, Schwulen, Transgender-Personen, Bi- und Intersexuellen, kurz: queeren Menschen, auf einen Aufstand in der New Yorker Schwulenbar Stonewall Inn. Am 28. Juni 1969 lehnten sich queere Personen erstmals gegen Polizeirazzien, -willkür und öffentliche Bloßstellungen auf.
Neben Demos und Straßenfesten mit Bühnenprogramm und Infoständen organisieren die Veranstalter in Thüringen oft auch zweiwöchige Rahmenprogramme. Die kleinen CSDs im Freistaat besäßen eher einen politischen Fokus als die bunten Paraden in den Metropolen, sagt Theresa Ertel, Sprecherin der LSBTIQ-Koordinierungsstelle in Jena. Sie schätzt, dass es in Thüringen 12.600 Transpersonen gibt, also Menschen, die sich nicht mit ihrem eingetragenen Geschlecht identifizieren. Im Durchschnitt gebe es mindestens ein Transkind je Schule.
Obwohl die Mehrheit der Thüringer queeren Menschen inzwischen aufgeschlossen gegenüberstehe, hätten sie im Freistaat immer wieder mit Anfeindungen zu kämpfen, berichtet Ertel. So habe es beispielsweise vergangenes Jahr gegen den Hauptakteur des Altenburger Christopher Street Days einen heftigen Shitstorm, mit Morddrohungen, aus dem rechten Spektrum gegeben. Auch in Erfurt gibt es Ertel zufolge seit Jahren immer wieder zum CSD Gegendemonstrationen von Rechtsextremen, zunächst vom Dritten Weg, danach von dessen Abspaltung Neue Stärke.
Besonders junge queere Menschen leiden unter dem Gefühl, mit ihnen sei aufgrund ihrer sexuellen Orientierung beziehungsweise Geschlechtszugehörigkeit etwas nicht in Ordnung. „Wir wissen, dass das Suizidrisiko unter queeren Jugendlichen dreimal höher ist als unter nicht-queeren“, sagt Theresa Ertel.
Im Gegensatz zum größten deutschen CSD in Köln, zu dem bis zu 1,2 Millionen pilgern, nehmen an den Thüringer Veranstaltungen zwischen 600 Menschen (Altenburg) und 2000 bis 3000 Leute (Erfurt) teil. Die ersten hiesigen Christopher Street Days fanden vermutlich 1998 in Erfurt und 1999 in Jena statt.
Queere Menschen würden juristisch ungleich behandelt, sagt Ertel. Beispielsweise fordern sie, dass bei lesbischen Ehepaaren auch die nicht-leibliche Mutter automatisch als Elternteil anerkannt wird.