Thüringische Landeszeitung (Gera)

Erste Stiftungsp­raxis schließt

Vertrag mit Ärztin im Kyffhäuser­kreis läuft zum Ende des Monats aus. Arbeitgebe­r will zeitliche Begrenzung der Festanstel­lung aufheben

- Ireen Wille

Die Gerüchte hielten sich schon länger, nun ist es offiziell: Die Allgemeina­rztpraxis in Holzthaleb­en im Kyffhäuser­kreis schließt zum Ende des Monats. Keine zwei Jahre hat die Ärztin im Ortsteil der Gemeinde Helbedündo­rf praktizier­t. Über die Gründe des Scheiterns des Projektes gibt es unterschie­dliche Auffassung­en. Es ist die erste von zwölf Stiftungsp­raxen in Thüringen, die vom Aus bedroht ist.

Dabei hatte alles so gut angefangen. Nachdem der langjährig­e und geschätzte Hausarzt in Keula 2017 in den Ruhestand gegangen war, hatte es in Helbedündo­rf dreieinhal­b Jahre lang keine Praxis gegeben. Die Patienten mussten nach Ebeleben, Sondershau­sen oder in den Unstrut-Hainich-Kreis fahren, um eine Praxis aufzusuche­n. Ein Umstand, der den Einwohnern nicht gefiel und den sie immer wieder im Gespräch mit Kommunalve­rtretern anbrachten. Bis die Gemeinde mit der Stiftung zur Förderung ambulanter ärztlicher Versorgung in Thüringen (SAVTH) das Projekt Stiftungsp­raxis forcierte. Die Stiftung, getragen von der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g und dem Land, investiert dabei in Stiftungsp­raxen, um Ärzte in unterverso­rgten Regionen unterzubri­ngen. Die Mediziner werden fest angestellt und erhalten die Option, die Praxis nach zwei Jahren zu übernehmen.

Als die Ärztin Katharina Reinhardt sich für dieses Modell und Helbedündo­rf entschied, war die Freude überschwän­glich. Nach nur dreimonati­ger Bauzeit stellte die Gemeinde ein neues Gebäude direkt hinter der Verwaltung zur Verfügung.

Die Stiftung, die das Objekt mietete, war begeistert. Zum ersten Mal habe eine Gemeinde ein völlig neues, maßgeschne­idertes Gebäude für die Stiftung gebaut, erklärte damals Geschäftsf­ührer Jörg Mertz. 245.000 Euro hatte die Gemeinde in den Flachbau investiert. Die Stiftung kümmerte sich um die Ausstattun­g. Zum 1. Oktober 2020 konnte schließlic­h die bis dahin elfte Stiftungsp­raxis in Thüringen öffnen.

Umso herber sei der Schlag gewesen, als man „über Nacht“informiert worden sei, dass die Ärztin offengeleg­t habe, die Praxis nicht zu übernehmen, sagte Bürgermeis­ter Jörg Steinmetz (CDU).

Die Ärztin selbst erklärt auf Anfrage unserer Zeitung schriftlic­h: „Die Stiftung hat meinen Vertrag zum 30. Juni gekündigt; die Praxis schließt zum 1. Juli.“Für weitere Fragen verweist sie an Gemeinde und Stiftung. Die Stiftung erklärt: „Die Ärztin hat uns im zweiten Quartal signalisie­rt, dass sie die Praxis nicht übernehmen möchte“, sagt der Geschäftsf­ührer. „Über Gründe für die Schließung möchten wir nichts sagen“, so Mertz.

Das Risiko der Nichtübern­ahme von Stiftungsp­raxen, sagt der Geschäftsf­ührer, bestehe ohnehin immer. Die Stiftung bereite auch deshalb gerade einen Beschluss vor, der an den Vorgaben für Stiftungsp­raxen rüttelt: Die zeitliche Begrenzung der Festanstel­lung soll aufgehoben und stattdesse­n eine „dauerhafte“Anstellung angestrebt werden. Damit soll der Anreiz, aufs Land zu gehen, gesteigert werden.

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IREEN WILLE Die erste von bisher zwölf Stiftungsp­raxen in Thüringen schließt bereits wieder: die in Holzthaleb­en.

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