Thüringische Landeszeitung (Gera)
Leerstand als Chance
Thüringer Netzwerk Leergut-Agenten setzt sich thüringenweit für Belebung von Leerstand ein
Der kleine Hofladen „Ellas Lädchen“in Neuengönna im SaaleHolzland-Kreis ist zu einer echten Perle avanciert. Nicht nur, dass Einwohner direkt vor ihrer Haustür regionale Produkte sowie Waren des täglichen Bedarfs kaufen können. Auch Touristen, die sich auf dem Wanderweg Richtung Dornburg befinden, können hier einkehren und sich versorgen.
Ein idyllischer Ort, der aus dem Dornröschenschlaf erwacht ist, seit der Eigentümer Tim Wache gemeinsam den Leergut-Agenten dem alten Nebengelass eine neue Nutzung angedacht haben. Sein Hof ist um die 150 Jahre alt und die dazugehörige Scheune mit Heuboden stand bereits 25 Jahre leer. Doch in der Ideenfindung für eine Neunutzung hat man sich zunächst für den Umund Ausbau eines anderen Gebäudeteils entschieden – und gleich noch weiter gedacht. „Ellas Lädchen“soll sozialer Treffpunkt werden, um das Gemeinwohl zu stärken. Und selbst Kulturveranstaltungen sind angedacht.
Und es ist ein schönes Beispiel, wie Leerstand wieder einer neuen Nutzung zugeführt wird. Dank der Leergut-Agenten gibt es dafür in Thüringen bereits einige Vorzeigeobjekte, so beispielsweise die Niedermühle in Kapellendorf, der Kulturhof Kleinmecka, die Burg Tannroda oder Schloss Tonndorf, wie die Leergut-Koordinatorin Katrin Hitziggrad erzählt. Die Leergut-Agenten, die sich als Thüringer Netzwerk zur gemeinwohlorientierten Belebung von Leerstand verstehen, haben sich 2018 auf Initiative der Iba Thüringen gegründet.
Was ist die Iba Thüringen?
Die Internationale Bauausstellung Iba Thüringen GmbH ist eine Tochtergesellschaft des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft.
Als Ausnahmezustand auf Zeit von 2013 bis 2023 entwickelt und begleitet die Iba Experimente und Modellprojekte in der Architektur, Stadt-, Freiraum- und Landschaftsgestaltung.
Ihr Motto ist Stadtland. Damit meint sie ein besseres Verhältnis von Zentrum und Dorf, Ortschaft und Landschaft, Mensch und Natur. Ziel ist eine nachhaltige Bauund Planungskultur. Die Abschlussausstellung der Iba findet 2023 im Eiermannbau in Apolda statt.
Was ist Leergut?
Mit Leergut bezeichnet die Iba Thüringen die leeren Gebäude und die Brachflächen, wie sie viele Orte in Thüringen prägen. Dieser Bestand, ob Fabrik oder Schule, Haus oder Hof, ist eine wertvolle Ressource. Hierin sind Identität, Baukultur, Material, graue Energie sowie große nutzbare Flächen gebunden. Dieses Potenzial gilt es im Sinne des Gemeinwohls zu heben, statt weiter Zersiedelung und Naturverbrauch zuzulassen. Leerstand im Sinne von „LeerGut“ist eine Chance für die Ortsentwicklung.
Wer sind die Leergut-Agenten?
Die Leergut-Agenten sind die Aktiven und Unterstützer von Projekten und Prozessen in Thüringen, die leere Häuser und Brachen wieder nutzbar machen und dabei einen Mehrwert für das Dorf, die Region und die Umwelt schaffen. Sie kommen aus Hausprojekten, Planungsbüros, Verwaltungen, aus Kultur und Wirtschaft. Gemeinsam bilden die Leergut-Agenten ein Wissensund Erfahrungsnetzwerk zur Aktivierung von Leerstand nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. Zugleich sind sie Lobby für die Bestandsentwicklung und für Innovationen in Planung, Baurecht und Förderung. Die Leergut-Agenten bestehen auch nach der Iba weiter.
Wie kontaktiert man die Agenten?
In regelmäßigen Netzwerktreffen alle zwei bis drei Monate kommen die Leergut-Agenten mit Experten und Interessierten zusammen, besuchen etablierte und neu entstehende Projekte, schaffen Öffentlichkeit und vermitteln Kontakte. Treffen fanden bereits in Gera, Cobstedt, Apolda, Tonndorf, Schwanditz, Lauscha, Tannroda, Schweina und Weimar statt. Das nächste Netzwerktreffen findet am Donnerstag, 7. Juli, um 15 Uhr in Sundhausen bei Kirchheiligen statt. Es werden auch Online-Stammtische, Fortbildungsangebote bei der Thüringer Kommunalakademie und Leergut-Scheine als Beratungsangebot für Projektinitiativen angeboten.
Informationen und Kontakt unter www.leergut-agenten.de und per Mail: kontakt@leergut-agenten.de