Thüringische Landeszeitung (Gera)
Königliche Sause im Bootshaus
Edeljoker, Begleiter-Tüftelei und elfte Etappe: Für die X-Runners aus Jena ging beim 22. Rennsteig-Staffellauf alles auf
Ein paar Minuten eher, und die neuen Könige des Rennsteiges hätten zum Rennsteiglied die letzten Meter des Thüringer Höhenweges hinter sich gebracht. Der Freude bei den X-Runners tat das aber keinen Abbruch. Ausgelassen stürmten die Jenaer mit Schlussläufer Robert Meier ins Ziel am Selbitzplatz in Blankenstein. Im 15. Anlauf waren sie nach fünf zweiten Plätzen endlich am Ziel, sie gewannen den Rennsteig-Staffellauf.
„Das hat alles ziemlich gut funktioniert“, meinte Meier pitschnass mit feuerrotem Kopf. Eingesprungen war er kurzfristig. Gleichwohl es auf den finalen 20 Kilometern viel bergab ging, hat die Schlussetappe extrem geschlaucht. Zum Glück musste er bei über 30 Grad den 10-Minuten-Vorsprung „nur“nach Hause laufen. Das tat er indes im Stil eines Rennsteig-Edeljokers.
Starke 13 Minuten machte Meier in der Hitze auf Johannes Plöttner gut, der die Staffel des Rennsteiglaufvereins in 11:38:51 Stunden auf den zweiten Platz nach 169 Kilometern steuerte. An dritter Stelle der 22. Auflage folgte Marcel Krieghoff für Oßwalds Herren. Leider hatte sich einer vor ihm in der ZehnerStaffel des Seriensiegers verlaufen, erzählte Krieghoff, sodass es im Dreikampf der Männer am Ende nicht noch einmal knapp wurde. „Dennoch Glückwunsch an die XRunners. Sie haben den Sieg mehr als verdient“, sagte der Crossund Bergläufer.
Eine Zeit von 11:48:04 Stunden stand für die OßwaldHerren mit Bronze nach sieben Erfolgen zu Buche. Die Gewinnerzeit lag bei 11:15:57 mehr als eine halbe Stunde darunter, und Plöttner mit „Der Guts-Muths-Runde“in 11:38:51 dazwischen. „Ich war voll am Limit“, gab er zu.
Wie es sich anfühlt, bei sengender Sonne im Dauerlauf unterwegs zu sein, wusste Christopher Gellert genau. Der Geschäftsführer der Rennsteiglauf-GmbH ist für den SWV Goldlauter gegen Mittag die Etappe
„Andere gehen ins Schwimmbad, die Harten laufen.“Christopher Gellert, Organisationsleiter des Rennsteig-Staffellaufes zur Hitze
vom Grenzadler in Oberhof nach Allzunah gerannt, um am Nachmittag hier und dort zuzupacken. Es war für Gellert die Premiere als Organisationsleiter. Und die wird „wohl als wärmste“in die Geschichte des Staffellaufes über den Höhenzug eingehen. „Jeder, der sich diesen Temperaturen gestellt hat, ist ein Gewinner“, fand er und bezog die Radbegleiter mit ein.
Jürgen Voigt kennt beides. Der Chef des Vereins X-Runners ist 2007 mitgerannt, als die Jenaer erstmals ein Team für den Run auf den Rennsteig stellten. Am Samstag spulte er mehr als die Hälfte der 169 km auf dem Rad ab – als Teil einer logistisch ausgetüftelten Leistung. Um die Läufer auf Kurs zu halten und selbst nicht zu überhitzen, wechselten sich die Radbegleiter ab. Ein Fahrzeug folgte, um Rad und
Fahrer zum nächsten Wechsel zu bringen. Eine Tortur war es deswegen nicht minder.
Die 22. Auflage ist aber nicht nur wegen der Hitze eine für die Historie gewesen, sondern auch deshalb, weil sie die erste nach der Pandemie darstellte. 2020 sollte sie stattfinden. Dann kam der Lockdown. Erst nach zwei Jahren konnte der Staffellauf steigen. Mit kleinerem Feld. Von den damals 226 gemeldeten Mannschaften waren 181 in Hörschel gestartet. Einst waren die 230
Plätze im Nu vergeben. Kaum einer hätte einen Start sausen lassen.
Wieder aufkommende CoronaInfektionen machten wohl mancher Staffel einen Strich durch die Rechnung. Eine Rolle spielte sicher der Faktor Unterbrechung. „Corona hat uns allen zugesetzt. Nach drei Jahren muss sich die eine oder andere Sache erst wieder finden“, sagte Gellert. „Aber ich muss allen Beteiligten und Helfern danken.“
Etwa 250 gute Geister halfen von Hörschel bis Blankenstein, um den
Läufern die Strapazen so einfach wie möglich zu machen. Die Feuerwehr in Blankenstein konstruierte eine Leiterdusche zum Abkühlen. Dass Scherzbolde meinten, Wegmarkierungen ändern zu müssen, wie es von Läufern berichtet wurde, konnte niemandem gefallen.
„Es gab viele Abzweigungen. Aber es ging. Im Großen und Ganzen war alles gut ausgeschildert“, fand Germana Tannheimer. Die 20jährige Skilangläuferin aus Oberstdorf ließ ein Oßwald-Team jubeln. In Begleitung von Saskia Nürnberger und Lena Keck machte sie den siebten Stern für die T-Shirts klar, vor den dauerzweitplatzierten Pleßgirls Breitungen und dem nun elfmaligen Mixed-Sieger Laufteam Erfurt. Für die Oberstdorferinnen ging es am Abend zurück ins Allgäu, für die X-Runners ins Bootshaus Lobenstein. Dort, wo sie einst übernachtet haben, um ausgeruht in Blankenstein starten zu können, begann die elfte Etappe. „Da kracht es heute Abend noch“, kündigte Jürgen Voigt eine königliche Sause an.